Volltext: Die Malerei des Alterthums (Bd. 1)

Buch. 
Zweites 
Erüer 
Abfchnitl. 
Heimatftätten erfreuliche Nachblüthen; aber die Künftler, die {ich ihr gewidmet, 
ragen nicht als felbiländige Individuen aus den Namensregiflern ihrer Zeit- 
genoffen hervor. Nur ganz einzelne MeiPrer machen eine Ausnahme; und die 
einzige derfelben, die wir hier etwas näher zu erörtern haben, ift freilich eine 
TimOm-"Chos- recht bedeutende. Es ift der Maler Tzäzzonzaclzos von Byzanz, welcher noch 
in diefer fpäteren Zeit griechifcher Cultur flch einen Weltruf als grofser Maler 
erworben. 
Nach Plinius wäre Timomachos ein Zeitgenoffe Julius Caesars gewefen, 
der zwei berühmte Bilder deffelben, den Aias und die Medea, für eine hohe 
Summe ankaufte. Welcker und Brunn aber haben es wahrfcheinlich gemacht, 
Seine Zeit-dafs Plinius die Zeit diefes Ankaufs mit der Lebenszeit des Künftlers ver- 
wechfelt, welche vielmehr in ein früheres Jahrhundert zu verfetzen ift. 
SeineWcrke- Die Medea, im Begriffe ihre Kinder zu tödten, und der Aias, welcher 
von feiner Raferei ausruhte, waren, wahrfcheinlich als zwei Gegenftücke, die 
berühmteften Gemälde des Meiilers. Befonders die Medea ift nicht weniger 
befungen und in Epigrammen gefeiert worden, als die Aphrodite des Apelles. 
In pompejanifchen Wandbildern ift uns möglicherweife ein Nachklang ihrer 
Wirkung erhalten. Aber auch feine Iphigenie auf Tauris und feine Gorgo 
waren berühmt, und endlich werden ein FechtmeiPrer, oder wie fonft das 
uagilitatis exercitatorn des Plinius zu überfetzen, und ein Familienporträtftiiclz 
von der Hand des Meifters genannt. 
Der Schwerpunkt feiner Kunft fcheint indefs in jenen mythologifchen, der 
Tragödie entlehnten Gemälden gelegen zu haben. 
Seilfäflhflijgfle- Nach Allem, was wir von diefen Gemälden erfahren, hat Timomachos in 
Charakter ihnen fowohl die Einfeitigkeiten als auch die Schwächen mancher feiner be- 
rühmten Vorgänger vermieden. Befonders glücklich fcheint er in der Auswahl 
der Momente gewefen zu fein, indem er mit feinem künftlerifchen Tacte 
weder die Medea noch den Aias im Augenblicke ihres Blutgefchäftes darflellte, 
fondern jene vor, diefen nach der That- Zugleich hat er diefe Momente 
psychologifch fein zu motiviren und feelifch zu vertiefen verftanden, fodafs 
feine Gemälde eine littlich-tragifche Wirkung vielleicht in höherem Grade 
hervorgebracht haben, als Alles was Zeuxis, Parrhafios oder Apelles gemalt. 
fCEÄefgl-lfäij Ein Kunilzweig aber fcheint freilich erft in diefe Zeit des Ausblühens 
(ffiicglfcrlk griechifcher Cultur zu felbftändiger Bedeutung gelangt zu fein1):_ die Land- 
fchaftsmalerei. Mit Zuverläffigkeit können wir fchon den Dichtern und den 
Ausfprüchen anderer Schriftfteller entnehmen, dafs erft in diefer Diad0chen- 
zeit das von Haus aus die Natur in menfchliche Geftalten auflöfende (anthro- 
pomorphifche) Naturgefühl der Griechen durch das Zufammenwirken ver- 
fchiedener Factoren eine mehr landfchaftliche, die Landfchaft als folche 
auffuchende und in ihr mit Liebe verweilende Richtung genommen. Jetzt erft 
konnte daher die Malerei, die feit Agatharchos technifch im Stande gewefen 
fein mufs, Landfchaften zu malen, bei fonPc günftigen Umftänden auf die 
Darftellung landfchaftlicher Gemälde als Selbflzweck verfallen. Dafs fie es 
gethan, läfst {ich aus anderen Nachrichten unferer Schriftquellen nachweifen. 
Vitruv, der unter den nAltena die hellenifiifchen Griechen der Diadochenzeit 
Wa ermrmn  
etC-y 
Die Lundfchaft 
1876.
	        
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