Zweites
Buch.
Erßer
Ab fchnitf.
Rath, die Kriegszüge Alexanders zu verherrlichen, befolgte er aber fo wenig,
dafs er den grofsen Makedonier nur mit Pan auf einem Gemälde gruppirte.
Der Ialyfos. Weitaus am öfteften ift der Ialyfos des Protogenes befprochen worden.
Auf diefem Bilde befand fich der Hund, deffen dem Munde entquellender
Schaum durch den aus Verzweiflung gegen das Bild geworfenen Schwamm
feine höchfte Naturwahrheit erhalten haben foll. Auf diefem Bilde befand
{ich aber auch das Rebhuhn, welches, obgleich ein untergeordnetes Stück
Beiwerk, feiner äufserften Natürlichkeit wegenidie Bewunderung der Laien fo
fehr feffelte, dafs der Künfier es, ärgerlich darüber, getilgt haben foll.
Seriätläägft- Der höchfte Grad von Illufion im Einzelnen fcheint das Hauptftreben des
Meifters gewefen zu fein; und wie die Italiener des I5. Jahrhunderts einen
folchen Realismus als ein vterribileu bezeichneten, fo fagte auch ein alter
Schriftfteller1), dafs er die Natürlichkeit des Protogenes nicht ohne einen
gewiffen Schrecken (non sine quodam horrore) betrachtet habe. Durch die
gröfste, ängfrlichfte Sorgfalt hat Protogenes nach dem Urtheil der Alten diefe
erfchreckende Wahrheit erreicht. Sehr langfam malte er; Jahre lang fafs er
über derfelben Tafel, fie immer von Neuem übermalend, in der Meinung auch,
fie dadurch dauerhafter zu machen. Die Berechtigung des Urtheils des Apelles,
dafs feinem Nebenbuhler, dem er doch wohlwollte, über diefer peinlichen
Sorgfalt nur die Anmuth verloren gegangen fei, ift fehr einleuchtend. Ebenfo
einleuchtend ift es, dafs das immer realiitifcher werdende Zeitalter den Proto-
genes den erften Künfilern der Welt an die Seite fiellen mufste.
Anriphilßs- In Alexandria war der ebenfalls fchon genannte Anlzflzilos, ein helleniftifcher
Aegypter von Geburt, als erfolgreicher und mifsgünftiger Nebenbuhler des
Apelles thätig. Antiphilos mufs ein vielfeitiger und fehr gefchickter Maler
gewefen fein; denn wir erfahren, dafs er nicht nur grofse hiitorifche und mytho-
logifche Temperabilder, wie eine berühmte Hefione, einen Hippolytos, Kadmos
und Europa, Dionyfos, Alexander und Philipp nebft Athene, fondern auch
(wahrfcheinlich enkauflifch auf kleineren Tafeln) Genrebilder gemalt, wie einen
feueranblafenden Knaben, Frauen bei der Wollebereitung u. dgL; ja felbit in
der eigentlichen Caricatur verfuchte er fich, indem er einen gewiffen Gryllos
mit deutlicher Anfpielung auf feinen (nFerkelu bedeutenden) Namen carikirte,
woher die ganze Gattung auf griechifch den Namen Grylloi erhielt.
Dem Antiphilos, deffen Bilder vielfach auf Effecte hin gemalt gewefen
zu fein fcheinen, wie z. B. bei dem feueranblafenden Knaben das leuchtende
Haus hervorgehoben wird, wird vor allen Dingen das Lob der Leichtigkeit
ertheilt. Plinius aber zählt ihn doch nur zu den Gröfsen zweiten Ranges.
Theon. Wir befinden uns aber bereits in einer ganz neuen, den wefentlich ver-
änderten Zeitgeift deutlich wiederfpiegelnden Kunftwelt. Ein fernerer charak-
teriltifcher Repräfentant der Epoche war Tlzeon von Samos, der befonders in
einer von den Griechen nPhantafienu genannten Gattung brillirte. Ein wahn-
finniger Orefies gehörte zu feinen berühmteften Bildern. Was aber unter
jenen nPhantaflenu, zu verftehen iPc, wird ganz klar aus einer Nachricht des
Ailianos, nach welcher Theon einen Schwerbewaffneten in voller Angriffs-
pofltur gemalt. Ganz allein hatte er ihn auf einer Tafel dargeftellt, fo lebendig,
Pelronius
Satyr.