Buch.
Zweites
Erfler
Abfchnitt.
lebendig gemalt gewefen fein foll, dafs die anderen Pferde ihm zuwieherten.
Die Zahl der makedonifchen Grofsen, die Apelles gemalt, ift ebenfalls fehr
bedeutend. Kleitos war zu Pferde dargeftellt, im Begriffe zum Kampfe aufzu-
brechen und feinen Helm aufzufetzen, den fein Burfche ihm reichte. Archelaos
dagegen war im Kreife der Seinen gemalt, ein vollfländiges Familienbild. Anti-
gonos hatte fich wahrfcheinlich öfter von Apelles malen laffen. Hochberühmt
war fein Reiterbild, eine Profildarftellung, Welche die Einäugigkeit des Feldherrn
verdeckte. Zu diefem Kreife könnte auch das Ceremonienbild gehören, welches
den Feitaufzug des Megabyzos, des Hohenpriefiers der Artemis zu Ephefos,
darftellte. Von Frauenbildniffen aus der Umgebung Alexanders aber war
befonders dasjenige der fchönen Pankaspe, der Geliebten des Königs, berühmt
fowohl wegen der herrlichen, lebenswarmen Fleifchfarbe ihres nackten Leibes,
als auch wegen einer romantifchen Anekdote, die fich an die Entflehung des
Bildes knüpfte. Apelles foll fich nämlich, als er das blühende Weib malte,
heftig in daffelbe verliebt, und Alexander ihm in einer Anwandlung von Grofs-
muth die Geliebte gefchenkt haben.
Äpellesnach Apelles überlebte feinen hochherzigen Gönner. Der fpäteren Lebenszeit
Algiiärigfrsdes Meifters werden die meiften feiner berühmten mythologifchen Bilder
zuzufchreiben fein. Es foll nicht gefagt fein, dafs manche derfelben nicht
früher entftanden fein können. Aber es fcheint natürlich, dafs Apelles, fo
lange er Hofmaler Alexanders war, wenig Zeit fand, felbftgewählte, idealeren
Regionen entlehnte Stoffe zu verarbeiten.
Reifen. Ephefos fcheint der Wohnort des Künfilers geblieben zu fein. Von den
Reifen, die er von hier aus unternommen, iP: befonders fein Befuch des neuen
helleniflifchen Aegypterkönigs Ptolemaios zu Alexandria bekannt geworden.
Schon früher, in Pella, foll Apelles fich zu dem kunitliebenden Sohne des
Lagos nicht fonderlich zu ftellen gewufst haben, und auch in Alexandria hatte
er gegen Machinationen zu kämpfen, die dortige Nebenbuhler ihm bereiteten.
Eigentlicher Hofmaler des Ptolemaios fcheint Antiphilos, den wir noch be-
fprechen werden, gewefen zu fein. Antiphilos fürchtete vielleicht, Apelles
werde ihn verdrängen, und fuchte demfelben daher Verlegenheiten zu bereiten.
Am bekannteften ifl die Anekdote, wie feine Feinde ihm einmal eine gefälfchte
Einladung zur Hoftafel zukommen liefsen und er den Zorn des Königs da-
durch befchwichtigte, dafs er den angeftifteten Diener, der ihn eingeladen, an
die Wand malte. In Alexandria foll Apelles denn auch, um feine Ver-
Cglaaälgärgfr läumder zu firafen, jenes vielbefprochene, im Alterthume berühmte, heute eher
duns. berüchtigte allegorifche Gemälde der Verläumdung gefchaffen haben, von dem
Lucian uns eine ausführliche Befchreibung aufbewahrt hat. Es beftand aus einer
Reihe {ron abfiracten, aber doch in heftige Action verfetzten Begriffs-Perfoni-
ficationen. Freilich ifl die Gattung als folche froftig und unerquicklich, Apelles
mufs das Bild aber mit allen Reizen feiner Kunft ausgeftattet haben. Sein
Ruhm hat eine ganze Reihe von italienifchen und deutfchen Künftlern des
15. und I6. Jahrhunderts verleitet, es nach Lucian's Befchreibung zu repro-
duciren. Selbft Dürer fchuf nach ihr den Entwurf zu einem der Wandgemälde
des Nürnberger Rathhaufes. Das bekanntefte erhaltene Gemälde aber, welches
den Gegenftand daritellt, ift das in der Uffiziengalerie zu Florenz bewahrte
Bild des Florentiners Sandro Botticelli. Uebrigens gelang es den Anflren-