Zweites Buch.
Erßer
Ahfchnitt.
Stieropfer wird als ein Beifpiel genannt, dafs er auch gröfsere Gemälde zu
malen verftanden. Im Uebrigen malte er, wie Plinius fagt, hauptfächlich
nKDQbGHII, d. h. doch wohl Kinderfcenen. Berühmt war feine Kränzewin-
derin oder Kränzeverkäuferin, ein Bild feiner Geliebten Glykera, durch
welches Pauüas {ich auch als crfler Blumenmaler von Bedeutung einen Namen
machte.
Unter den vielen Gemälden der fikyonifchen Schule, welche der Aedil
Scaurus fpäter nach Rom verfetzte, befanden {ich auch verfchiedene Werke
des Paufias. Ihre technifchen Feinheiten und ihre jedes ethifchen Intereffes
baren, aber frifch aus dem Leben gegriffenen Gegenflände fcheinen fie den
fpäteren Römern befonders annehmbar gemacht zu haben. Dagegen wird her-
vorgehoben, dafs ihm, wie unS das nach allem, was wir von ihm wiffen, leicht
begreiflich fcheint, die Reflauration der Polygnotifehen Gemälde zu Thespiae, die
ihm anvertraut worden, nicht fonderlich geglückt fei. Ueber die Stellung
diefes Malers in der Kunflgefchichte kann nach alle diefem kein Zweifel fein.
Aber auch als Lehrer erfreute Paufias fich eines bedeutenden Rufes. jedoch
fcheint mit feinen Schülern und Nachfolgern, die uns fchon in die nach-
alexandrinifche Zeit hinüberleiten, die felbftändige Bedeutung der fikyonifchen
Schule erlofchen zu fein.
Dicgchule Die dritte, im vierten Jahrhundert vor unferer Zeitrechnung blühende
Malerfchule Griechenlands haben wir, Brunn's Combinationen folgend, die
thebanifch-attifche genannt. Wir geben ihr diefen Doppelnamen,_ weil
fie, urfprünglich in Theben entfproffen, nach dem baldigen Sinken der Blüthe
diefer Stadt erft freilich nach Korinth, dann aber nach Athen überfiedelte,
ohne dafs die Continuität ihrer Schultraditionen dadurch unterbrochen wor-
den wäre.
Der in Sikyon ausgebildeten theoretifch-akademifchen Correctheit und
Tüchtigkeit gegenüber, Welche die-Griechen als Chreftographie bezeichneten,
hat die thebanifch-attifche Schule eine gröfsere Leichtigkeit und Vielfeitigkeit,
eine geifligere, das Seelenleben klarer ausfprechende Charakteriiirung auf-
zuweifen. Wir können hier nur ihre vier Hauptrnaler betrachten, von denen
Mkomackos und Amyleides in Theben, Ezzplzranor in Korinth, {Wkzkzs in Athen
zu Haute waren.
Mkonzarlzos, der etwa bis 360 v. Chr. gelebt hat, ein Schüler feines Vaters
Arifiiaios, ift der erite bedeutende thebanifche Maler, von dem wir Wiffen.
Indem ein alter Schriftileller felbft tagt, dafs Nikomachos durch die Ungunft
des Schickfals weniger berühmt geworden, als cr verdiene, fichert er ihm
zugleich für alle Zeiten feinen Ruhm. Freilich ift es nicht gar viel, was wir
von ihm wiffen.
seincwerke_ Unter feinen Gemälden, welche fämmtlich der griechifchen Mythologie
entlehnt gewefen zu fein fcheinen, waren z. B. berühmt: der Raub der Pro-
ferpina, die im Viergefpann gen Himmel fahrende Siegesgöttin, die auf einem
Löwen reitende Göttermutter, die Skylla und dann, mehr genrehaft, Bakchan-
tinnen, von Satyrn überrafcht.
Stiiiclifull-Lif- lxVas die Darflellungsweife des Nikomachos anbetrifft, fo wird ihm befonders
weifäl grofse Schnelligkeit und Leichtigkeit der Pinfelführung nachgerühmt. In wenigen
Tagen vollendete er die malerifche Ausfchmückung des Denkmals des Dichters