Volltext: Die Malerei des Alterthums (Bd. 1)

Zweites 
Buch. 
Erßer Abfchnitt. 
erit in einer fpäteren Generation gelernt, der es kein fo heiliger Ernft mehr 
mit den höchften geiftigen Zielen der Kunlt war. 
S-hhlfg-kritik Unter diefen Umftänden ift es natürlich, dafs fchon im fpäteren Alterthum 
 die Urtheile über Polygnotos und feine Genoffen fehr verfchieden ausgefallen, 
je nachdem der Beurtheiler {ich auf den malerifch-technifchen oder den mehr 
allgemein und geiftig künftlerifchen Standpunkt geitellt. Bei allen ihren Vor- 
zügen hat es allerdings der Malerei Polygnots noch an einer Reihe von Vor- 
bedingungen gefehlt, unter denen allein fie {ich zur allfeitigen Freiheit und 
echt malerifchen Schönheit hätte entwickeln können. 
An die Spitze eines völligen Umfchwungs der griechifchen Malerei, eines Um- 
fchwtings, durch welchen fie auf der Bahn der technifehen Entwicklung im Sinne 
einer optifch richtigen Flächendarilellung die eriten und für alle Zeiten entfchei- 
denden Schritte gethan, iit ein jüngerer Zeitgenoffe des Polygnotos zu fetzen, der, 
wie diefer, von einer der entfernteren Infeln gebürtig, ebenfalls in Athen thätig 
ägäßgärälggs war. Es ift dies Agrzllzarclios von Samos 1). Agatharchos war in eriter Linie 
alfniqäliätincii-Theaterdecorationsmaler. Die Bühne hat zu allen Zeiten ein gewiffes Bedürf- 
i nifs nach Illuiion gehabt." Die griechifehe Bühne mit ihren Masken, K0- 
thurnen und ihrem ganzen complicirten Apparate, konnte der Decorationen 
wohl noch weniger entbehren, als das moderne Theater. Sicher ift, dafs fchon 
Aifchylos' Stücke bedeutende fcenifche Zurüilungen crheifchten, die dann unter 
Sophokles bereits ihre höchite Ausbildung erlangten. Die Hinterwand der Bühne 
wurde wahrfcheinlich mit einem grofsen Zeuge überfpailnt, auf dem die Loca- 
litaten, in denen das Stück fpielte, ganz ähnlich, wie noch heutzutage, gemalt 
waren. Eine drehbare, dreifeitige prismatifche Coliffe an jeder Seite vollendete 
die Decoration der wenig tiefen Bühne. In den meiPren Fällen beftand der 
Hintergrund der griechifchen Tragödien aus Architekturen, wie Königpaläften, 
Tempeln u. dgl., denen zur Seite jedoch manchmal Fernflchten dargeflellt 
gewefen fein müffen. Aber auch Zeltlager und förmliche Landfchaften haben 
nicht felten den Hintergrund gebildet. Es liegen in diefer Bühnenmalerei 
(Skenographie) daher die Anfänge nicht nur aller gefchloffenen Hintergrunds- 
malerei, fondern auch aller Landfchaftsmalerei, und man kann den Einflufs 
der Bühne auf die gefarnmte Malerei nicht hoch genug fchätzen. Die Erfin- 
dung der Theaterdecorationen bezeichnet den am tiefiten einfchneidenden 
Wendepunkt in der Gefchichte der Malerei. Agatharchos wird nun als der 
erfte genannt, der, von Aischylos veranlafst, fich mit der Herftellung diefer 
Decorationen befafst. Möglicherweife ift er jedoch erPc für die letzten Stücke 
des grofsen Vollenders der griechifchen Tragödie thätig gewefen, und wahr- 
fcheinlich hat er noch unter Sophokles in derfelben Richtung gewirkt. Dafs 
als Yßlßand- er nicht nur Theaterdecorationsmaler gewefen, geht daraus hervor, dafs er, wie 
m"; wir wiffen, auch dem Alkibiades fein Haus ausgemalt oder ausmalen gefollt. 
Eine Künftleranekdote erzählt, dafs Agatharchos den Auftrag des Feldherrn 
wegen Ueberhäufung mit Arbeit abgelehnt, worauf der letztere ihn in feinem 
Haufe eingefperrt habe, um ihn zu dem Werke zu zwingen. Nach den Einen 
wäre diefer Gewaltftreich des übermüthigen jungen Mannes auch geglückt und 
I) Brurm: Gefch. der griech. 
in der Kunß der alten Völker, S. 
Kiinfiler, n.  51 rf, 
162, 111m 216,418: 
128. 
Woermann: 
Die Landfchaft
	        
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