Buch.
Zweites
Erfier
Abfchnitt.
nachgezeichnet habe. Darauf fei ein anderer auf den Gedanken gekommen,
einen folchen Umrifs mit Farbe, aber nur mit einer Farbe (monochromatifch)
auszufüllen; ein dritter habe die Umrifslinie der einzelnen Körpertheile im
Innern der Figuren gezogen. Wieder ein anderer habe die Männer von den
Frauen und überhaupt verfchiedene Figuren von einander innerhalb diefer
Eumaros. Silhouettenmalerei unterfcheiden gelernt. Diefer wird Ezmzaros genannt. Endlich
Kimon von aber habe die Malerei mit Kzmon von Kleonai den bedeutenden Fortfchritt
Kleonal" gemacht, wirkliche, richtige Proiilzeichnungen (nach Brunn folche, deren Auge
nicht mehr, wie in Affyrien und Aegypten und der älteren griechifchen Kunit,
auch bei der Proiilftellung des Kopfes wie von vorn gefehen wurde) zu Stande
zu bringen und von Frontdarftellungen zu unterfcheiden, indem es gelang, das
Zurück- und Auf- und Niederblicken der Figuren wiederzugeben, ihnen alfo
überhaupt ein gröfseres Leben und mannichfaltigere Bewegung zu verleihen.
Auch die Falten der Gewänder und die Adern der menfchliehen Glieder foll
Kimon zuerPc dargeftellt haben. Jene Anfänger vor Eumaros und Kimon aber
werden verfchieden genannt. Auf ihre unauthentifchen Namen kommt auch
Nichts an 1).
Diefe ganze, im Wefentlichen naturgemäfse und daher, von den anekdoten-
haften Einzelheiten abgefehen, nicht unwahrfcheinliche Entwicklung, die fogar
durch die orientalifche Kunft, die etrurifchen NVandgemaldc und die ältefte
Vafenmalerei beiiätigt zu werden fcheint, wird erft in eine verliältnifsmafsig
junge Zeit der griechifchen Gefchichte verlegt. Kimon von Kleonai foll fogar
noch bis gegen die Perferkriege hin thätig gewcfen fein. Demnach wäre die
griechifche Malerei bis gegen die Mitte des fechiten Iahrhunderts vor unferer
Aera technifch keinesfalls _weiter entwickelt gewefen, als die affyrifche und
ägyptifche, und nach Allem erfcheint uns die Behauptung der Aegypter, die
Plinius fpottend abfertigen zu dürfen glaubt, dafs fie die Malerei fechstaufend
Jahre früher erfunden, ehe fie zu den Griechen gekommen, fo unmöglich nicht.
Jahrtaufende vorher kennen wir fie. Anftatt das Alter der ägyptifchen Malerei
zu bezweifeln, hätte Plinius beffer gethan, rühmend hervorzuheben, dafs die
Griechen es innerhalb eines jahrhunderts, nachdem iie mit den primitivfien
_Anfängen begonnen, weiter gebracht, als die Aegypter in vielen Jahrtaufenden.
Einen entfcheidenden Schritt über die gefammte orientalifche Kunft hinaus
hat die Malerei in Griechenland, wenn nicht fchon unter Kimon von Kleonai,
Polygnotog fo doch jedenfalls unter dem hochberühmten Küniiler Polygnoios gethan, welcher,
v0" Thafos" ein Zeitgenoffe des Phidias, ein Schützling von Perikles Vorgänger Kimon, die
malerifehe Ausfchmückung der Gebäude Athens und benachbarter Städte nach
den Perferkriegen leitete. Polygnotos iPc der erfte uniterblichen Ruhmes würdige
Malername, deffen die Kunftgefchichte gedenkt. Einige alte Schriftiieller liefsen
mit ihm die Gefchichte der griechifchen Malerei überhaupt erit beginnen.
Polygnotos war von der Infel Thafos gebürtig, ein Sohn und Schüler des
I) Die auch in diefem Werke im Wefentlichelm bewahrte Grundlage unferer heutigen ALlffaffung
der Gefchichte der griechifchen Maler hat 19'. Bmvm im zweiten Bande feiner uGefchichte der
griechifchen Künftlerv (1859) gefchaffen. Später haben durch Monographien oder Auffätze befonders
G. Wigßmann, K. Käkulä, [C Dilllzey, F. Blümner, L. (irlichs u. A. an der Forfchung auf diefem Gebiete
{ich betheiligt. Die Schriftquellen flnden fich zufammengefiellt in Y. Overbeckir Werk uDiB antiken
Schriftquellen (Leipzig 1868)). Die Hauptquelle iPc das 35.Buch der aNaturgefchichtcv des