Volltext: Die Malerei des Alterthums (Bd. 1)

Vorbemerkungen. 
 s ifl eine allgemein zugeftandene "fhatfache, dafs auf griechifchem Boden Allgemeiner 
i die Kunit zum erlien Male, aller Feffeln ledig, zur felbßbewufsten 011352?" 
 Freiheit erblühte und eine ebenfo ethifch befeligende, wie Geift und griäfjfähe" 
Sinne beglückende Macht geworden iPt. 
Bei diefer hohen Werthfchätzung der altgriechifchen Kunft pflegt man 
jedoch in erfter Linie an die Bildhauerei zu denken; ja, es ift eine bis zum 
Ueberdrufs wiederholte Behauptung, dafs die alten Griechen ein vorzugsweife 
plaftifch angelegtes Volk gewefen feien, dafs ein plafiifches Gefühl auch alle 
ihre anderen Küniie durchdringe und {ich z. B. in ihrer Architektur und in 
ihrer Dichtkunft ebenfowohl geltend mache, wie in ihrer Plaftik felbfl. 
Auf diefe Kunit wies in der That Alles die Griechen hin: die Natur ihrer 
Landfchaft, wie die Schönheit ihrer eigenen Körperbildung; die Befchaffenheit 
ihrer Lebensgewohnheiten, wie der Charakter ihrer Religion. Die Plaitik ift 
auch bei den Griechen jedenfalls viel früher im Vollbefitze ihrer technifchen 
Mittel gewefen, als die Malerei.  
Ein grofser Irrthum aber würde es fein, wenn man aus der glänzenden E2123?" 
Begabung der griechifchen Bildhauer fchliefsen wollte, das Talent der Maler  der "h 
des alten Hellas fei zweifelhafterer Art gewefen. Schon die claffifche Literatur giifffiifäiiel] 
würde eine folche Anfchauung unwahrfcheinlich erfcheinen laffen; denn die 
alten SchriftPceller erhoben die Maler mit nicht weniger begeifterten Ausdrücken, 
als die Bildhauer. Polygnotos, Zeuxis, Parrhafios, Timanthes, Protogenes, 
Apelles werden nicht minder laut in Profa und in Verfen gefeiert, als Myron, 
Phidias, Praxiteles, Skopas und Lyfippos. Auch werden von malerifchen 
Kunliwerken und der täufchenden Aehnlichkeit ihrer Naturnachahmung eben 
folche Wunderdinge erzählt, wie von Werken der Plaltik. 
Wenn dennoch Zweifel über den Werth der griechifchen Malerei beftehen Untergeord- 
konnten, fo mufsten diefe dadurch entftanden fein, dafs nur fo geringe Refie Ääiereriifiiiä- 
diefer Kunft {ich aus dem clafiifchen Alterthume erhalten haben. Es ift eine Gefäß 
Thatfache, die entfchieden betont werden mufs, dafs kein einziges Werk irgend 
eines der berühmten Maler, welche die griechifche Künftlergefchichte kennt, 
{ich in unfere Zeit herübergerettet hat, dafs wir über kein einziges der grie- 
chifchen Gemälde, die von den Schriftftellern gepriefen werden, naCh dem 
Augenfchein urtheilen, können. 
Gefchichte d. Malerei.  3
	        
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