Buch.
ErPces
Zweites Kapitel.
Ktefias auf den Mauern des Palaites abgebildet waren. Noch andere Ueber-
bleibfel einer menfchlichen Geitalt vollendeten die intereffante Sammlung, die
wir bei den Ausgrabungen am Kasr gefammelt hattenß
Diefer Bericht beflätigt fowohl die Angabe des griechifchen Schriftftellers
als auch unfere Vermuthung, dafs fich auf mefopotamifchen Ziegelgemälden
ähnliche Hintergründe gefunden haben müffen, wie auf den affyrifchen Re-
liefs. Zugleich geht fchon aus Opperfs Befchreibung hervor, dafs diefe Dar-
Prellungen, genau genommen, keine völligen Flächenbilder, fondern fchwach
erhabene Reliefs fmd. Jedoch wird die Erhebung als eine fo geringe befchrieben,
dafs fie kaum in Betracht komme und jedenfalls den gemäldeartigen, flächen-
haften Eindruck der Gefammtbilder nicht zerftöre.
fqgltäileilglltn. Den Fortfchritten gegenüber, welche uns in der griechifchen Malerei
iakterder entgegentreten werden, nehmen alle hier betrachteten orientalifchen Völker
orfglfäillllfb in diefer Kunft einen gemeinfamen, primitiven Standpunkt ein. Während die
klamm Architektur und felbil: die Plaftik der Aegypter und Mefopotamier fo gut wie
im Vollbefitze ihrer technifchen Leiftungsfähigkeit waren, fo dafs es mehr ihre
nationalen Eigenthümlichkeiten, als ihre technifchen Mängel find, die (ie uns
nicht im Lichte höchfter Vollendung erfcheinen laffen, hat die Malerei bei
ihnen noch nicht das ABC des ihr nothwendigen Wiffens und Könnens gelernt.
Was fich, vom Relief kaum oder gar nicht unterfchieden, bei ihnen für Malerei
ausgiebt, ifl nur conventionell colorirte und obendrein oft noch ziemlich un-
beholfene Umrifszeichnung unzufammenhängender Geftalten, eine Kunft, der
es nicht einmal klar geworden ift, wie man eine einzige Geftalt, von verfchiedenen
Seiten oder auch nur von einer beftimmten Seite gefehen, richtig auf eine
Fläche bannen kann, die vollends hülflos iPc, wo fie gröfsere Compofitionen
mit Hintergründen und dem ganzen malerifchen Zufammenhang in Hächenhafter
Darftellung reproduciren foll. Dafs eine Möglichkeit vorhanden, ein Stück der
Aufsenwelt mit allem Zubehör fo auf einer Fläche nachzuahmen, wie es unferem
Auge erfcheint, haben zwar fowohl die ägyptifchen, wie die affyrifchen Künfller
geahnt, aber ihre Verfuche, diefe Aufgabe zu löfen, fmd fehlgefchlagen.
Es kann auffallend erfcheinen, dafs die Aegypter und Chaldäer, die doch
beide gute Mathematiker und nüchterne Beobachter der Naturerfcheinungen
waren, die Perfpective nicht entdeckt haben. Aber es iit das nicht das einzige
Beifpiel, dafs fcheinbar Naheliegendes Jahrhunderte lang unentdeckt geblieben.
Endlich verftanden die Künftler des alten Orients nicht, Seelenzuitände
in den Gefichtszügen zu malen. Daher fehlt der ägyptifchen und mefopotamifchen
Malerei auch jenes nEthosar welches die Griechen fchon an ihren Malern
entzückte, als {ie technifch noch kaum einen höheren Standpunkt erreicht
hatten. Daher ift auch die Figurenmalerei der bisher befprochenen Völker,
welche chronikartig berichten und erzählen will und diefen Zweck allerdings
in klarer und vollendeter Weife erreicht, mit künftlerifchem Auge angcfehen,
nicht viel mehr, als eine verfteinerte Teppich-Wirkerei oder Stickerei, an deren
conventionelle oder phantaftifche Darftellungen zunächft nur der Mafsftab einer
farbigen decorativen Wandbekleidung gelegt werden kann.