Das
1mm hiittelalter.
Italien.
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wicklung jedes Vorganges die Zufchauer überall in lebendigfte geiftige Theil-
nahme hineingezogen. Die einzelnen Gruppen und Figuren haben durch ihren
felbiländigen Ausdruck ftets innere Berechtigung. Ebenfo entwickelt ift der
Sinn für die räumliche Umgebung. Die Bauwerke, die den Hintergrund bilden,
find hier noch beffer ausgebildet als in S. Felice, in ihrer Anlage wohlver-
ftanden, in der Perfpective annähernd correct und fo glücklich aufgebaut, dafs
fie den Compofitionen den Charakter befonderer Stattlichkeit verleihen.
Der von Giotio ausgehende Stil hat auch Altzklzicro und fifezcopo Azranzz",
zwifchen denen wir hier keine Sonderung verfuchen, zunächft beftimmt. Sie
haben deffen Ernft und Gefühlstiefe, wenn auch nicht feine pathetifche Ge-
walt. Mit diefer fallen auch feine fchroffen und heftigen Züge im Ausdrucke
fort, der hier vielmehr von zarterer Empfindung und reinerem Schönheitfinn
beherrfcht wird. In den Typen, der Gewandbehandlung, der ganzen Compo-
fitionsiveife zeigen die Meifter noch den Zufammenhang mit der älteren Schule,
aber fie find fortgefchritten in der Auffaffung der Wirklichkeit, der feineren
Beobachtung der Handlungen, der Geberden, der oft über das Typifcl1e hin-
ausgehobenen Charaktere. Sie verftehen die Formen weicher zu rnodelliren
und zeigen fogar ein befferes Verftändnifs des Nackten. Die Thiere find
cbcnfo forgfältig wie die Menfchen belaufcht. Bei der Bereicherung, welche
cicr überkonnncne Stil durch dies alles erhält, verrathen die Künftler doch
keinen Zug gewaltfamer Neuerung, fondern bleiben bei aller realiftifchen
Neigung gemeffen und befonnen, felbft in der Darftellung tragifcher Momente.
Ihr ruhiger Adel, ihre Klarheit und Schlichtheit der Behandlung in Zeichnung
und Farbe berühren Wohlthuend.
Unter den Wandmalereien in Verona find manche Arbeiten verwandten Verona.
Stiles erhalten, fo die Madonna mit Heiligen und Stiftern über dem Grabmale
des 1390 verftorbenen Federigo Cavalli in S. Anaflafia1). Die fonft in Padua Padua.
thätigen Meilter nahmen es mit Altichiero von Verona und Avanzo nicht auf.
So Guarzkvzfo, von dem ein bezeichnetes Crucißx in der Pinakothek zu Baffano Guariento.
bewahrt wird, und der 1365 das fpäter von Tzäzforetlo erfetzte Bild der
Krönung Marias in der Sala del maggior consiglio des Dogenpalaftes zu Venedig
ausgeführt hatte 2). In Padua find die Wandbilder im Chore der Eremitaner-
kirche fein Werk, von denen noch die Darftellungen der Himmelskreife mit
den Planetenbildern und den Stufen des menfchlichen Lebens kenntlich findii).
Yzßzzs von Padzza, eigentlich Giusto di Gz'0va1z1zz' de" ilienabuoi aus Florenz, dort Giußw
1387 in das Buch der Malerbruderfchaft eingetragen, dann aber dauernd in
Padua anfäffig, ifl der Urheber eines bezeichneten und 1367 datirten Tafel-
bildes, der Krönung der Jungfrau, in der National-Galerie zu London und hat
nach alten Angaben den reichen Bilderfchmuck im Baptifterium zu Padua ge-
fchafferH), umfaffende Compofitionen: das koloffale Bruftbild Chrifti oben in
der Kuppel, tiefer die betende Maria und fünf Kreife von Engeln, Propheten
I) Farbendruck der Arundel Society.
2) Carla lfidolji: Le Meraviglie de11' Arte, Venezia I648, S. 27. Vgl. Savana-rolrz.
3) Der Planet Maijs bei lfoßni, Text, II. zu S. 211.
4) Nach Savonarolzz, Vafzzri und den Gewährsmännern des iänonymus, Campagnvla und Ricrio.
Der Anonymus felbft wollte ihm nur die Bilder am Aeufseren zuerkenneua, da er innen die Infchrift:
nÖpus Ioannis et Antonii de Paduau geiefexm habe.
Savurzzzrolrz.