Die
Malerei
der Kunß der
Völker.
weflaüntifchen
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Von den griechifchen Schriftfiellern ift es Diodoros von Sieilien, welcher,
Ktefias folgend, von grofsen bildlichen Darfiellungen an den babylonifchen
Mauern berichtet (Buch II. Kap. 8).
nAuf diefer Maueru, fagt Diodor, nhatte man auf den gebrannten Ziegeln
verfchiedenartige Thiere dargeftellt, die fowohl durch ihre Farbe als auch durch
ihre Zeichnung, die beide fehr kunftvoll angeordnet waren, der Wirklichkeit
glichenm Und weiterhin bei der Befchreibung einer anderen Mauer, fährt
derfelbe Schriftfteller fort: vAn den Thürmen und Mauern waren Thiere aller
Art dargefiellt, die fowohl in Bezug auf die Farbe, als auch auf die genaue Nach-
ahmung der Figuren nach allen Regeln der Kunft wiedergegeben waren. Das
Ganze fiellte einen Thiergarten voll der verfchiedenften Thiere dar, deren Gröfse
vier Ellen überftieg. Mitten unter ihnen befand fich Semiramis, zu Pferde, im
Begriffe einen Panther zu erlegen, dicht neben ihr aber war ihr Gemahl Ninus
gebildet, welcher mit einem Lanzenfliche gerade einen Löwen durchbohrteu
Der Grieche wird Wohl den Eunuchen, der den König zu begleiten pflegte,
wie man mit Recht bemerkt hat, für deffen Gemahlin angefehen haben, und
auch fonft würden wir Weder auf diefen griechifchen noch auf jenen jüdifchen
Bericht ein fonderliches Gewicht legen können, wenn ihre Ausfagen nicht
theils durch die Analogie der affyrifchen Bildwerke, theils durch erhaltene
Ziegelfragmente beftätigt würden.
Buntglafirte Ziegel mit Reiten figürlicher DarPcellungen fcheinen in den
babylonifchen Trümmerfeldern nicht felten gefunden zu werden. Oppert hatte
für den Louvre eine ganze Ladung gefammelt, die aber fchon bald nach der
Einfchiffilng in den Wellen des Tigris untergegangen ift. Er befchreibt diefe
Funde folgendermafsen i): nDie einfarbigen Fragmente Würden uns nicht über-
rafcht haben, da wir um ihre Exiftenz wufsten und uns durch den Anblick
der muhammedanifchen Mofcheen und Minarete an die Verwendung glafirter
Ziegel gewöhnt hatten. Aber wir fanden Fragmente, die mit verfchiedenen
Farben bedeckt waren, und die offenbar zu einem in enkauftifchen Farben be-
malten Hachen Relief gehörten. Wir fanden zum Theil blaue Stücke, von denen
fich gelbe Flachen abhoben; diefe letzteren trugen ein von fchwarzen Linien
umriffenes Schuppenfyftem, ähnlich demjenigen, welches auf den ninivitifchen
Bus-Reliefs eine gebirgige Waldgegend andeutet. Durch die Erhöhung des Ziegels
waren diefe Schuppen noch bemerkbarer gemacht. Die Malerei war auf einer
Art kaum erhabenen Bas-Reliefs angebracht. Wir fanden verfchiedene Proben
diefer Kunflwerke, welche Berge oder Wälder darftellten. Andere Bruchfiücke
zeigten ein bläuliches Wellenlinien-Syflem, als ob {ie Waffer darllellen wollten;
noch andere zeigten Mauerrefte und wirkliche Bäume. Eine andere Klaffe
bemalter Ziegel bot Thierbilder dar, fo fanden wir einen Pferdefufs und Theile
eines Löwen, befonders die Mähne und den Schweif. Eine breite fchwarze
Linie, durch einen blauen Grund gezogen, konnte wohl die Lanze eines Jägers
vorflellen. Ferner fahen wir ein menfchliches Auge, welches ganz von vom
gezeichnet war, obgleich der über dem Auge erhaltene Theil auf ein im Profil
gezeichnetes Geficht zu deuten fchien. Herr Fresnel glaubte nicht mit Un-
recht das Auge jener Königin oder jenes Königs zu erkennnn, (116 naCh
Experlit
fcientifh