Das fpiite Mittelalter.
Italien.
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zwifchen 1355 und 1389 nachweisbar ift, und von dem mehrere bezeichnete
Bilder, unter anderen eine Madonna in der Galerie zu Siena, ein Crucifix von
1366 in der Akademie zu Pifa, vorkommen. Bartolo d! jlllaeßro [Vredi (geb, Bartolo di
1330, geft. 1410), in feiner Vaterftadt angefehen und öfter in amtlicher Ver- liiiäiiio
Wendung 1), als Künftler aber mittelmäßig, hat 1356 in dem nördlichen Seiten-
fchiffe zu S. Gimignano den Bildercylus aus dem Alten Teltamente gemalt
und in fpäterer Zeit Tafelbilder für S. Francesco zu Montalgino gefertigt. Eine
Kreuzabnahme von 1382 ift dort noch in der Sacriftei, Fragmente eines Altars
aus dem Marienleben von 1388 befinden fich theils ebendafelbft, theils in der
Galerie zu Siena. Noch tiefer als Künfiler fleht Andrea Vazmi (geboren 1322), Q3311?
der auch, wie der vorige, feit der demokratifchen Umwälzung in Siena (1368)
häufig im Staatsdienfte vorkommt, zu diplomatifchen Sendungen benutzt
wurde 2) und in der Zeit, in der zu Siena Kleinbürger und fromme Weiber,
wie die heilige Katharina, grofse Politik trieben, auch feine Rolle fpielte. Der
Charakter der Vorgänger veriiacht und verwifcht fich bei Leuten diefes
Schlages, die Formen der alten Schule werden von ihnen immer fchwächlicher
reproducirt.
Von Siena ift Qgolzäzo 71012 Orvielo 3) beeinflufst, der in der Cappella del Ugagirägtgfn
Corporale am nördlichen Querfchiffe des Dorns zu Orvieto im Jahre 1364 bib-
lifche Bilder und das Hoflienwunder von Bolfena gemalt hat, Während bei
den Fresken aus der Gefchichte Chrifti und Marias im Chore des Doms neben
ihm noch andere Maler, wie 191232711 dz" Pzzrcio, thätig waren.
Der letzte Nachzügler diefer Richtung, mit welchem diefelbe zu Anfang
des 15. Jahrhunderts ausläuft, ift Taddm di Barfolo in Siena (geb. 1362, geft. Tggftzrfodi
1422), Sohn eines Barbiers Bartolo di Mino, nicht des Malers Bartolo di
Maeftro Fredi. Ein Triptychon von 1390 in Louvre, die Madonna und vier
Heilige, für eine Kirche in Pifa gemalt, zeigt in Auffaffung und Vortrag be-
urufsten Anfchlufs an die frühere Schule und in Maria's Zügen noch den
Hauch alter fenefifcher ldealität, allerdings" in das Empfindfame gezogen.
Nachdem er viel in Pifa, S. Gimignano, Perugia und anderen Orten gearbeitet,
vollendete er im Jahre 1407 fein Hauptwerk, die Wandbilder in der Capelle des
Palazzo Pubblico in Siena: die letzten Ereigniffe aus der Marienlegende,
Heilige und Medaillons der Tugenden. Charakteriftifch ift die Himmelfahrt
Marias; ChriPcus fchwebt herab, um fie aus dem Grabe aufzurichten, die Apofiel
und die anwefenden Juden find lebhaft bewegt, ausdrucksvoll und gefchickt,
wenn auch ohne grofse Motive, componirt; die einzelnen Formen und die
Gewandung {ind fchematifch 4). Etwas zu naiv will der Maler den Befchauer
merken laffen, dafs die Apoftel Maria nicht fehen, obgleich fie ihnen gerade
an der Nafe vorbeifchwebt. Eine hohe Berglandfchaft bildet den Hintergrund.
1414 kamen die Wandbilder im Vorraume, ein riefiger Chriftophorus und die
Geftalten grofser Römer fowie andere antike und mythologifche Gegenftände,
hinzu.
1) ÄIÜZZNEIÄ, Doc. sen. I, 285, 304
2) Docum. sen. I, 295, 305 f.
3) Oder ÖZTUIÜZG di Prefe 11111721.
XXVIII, XXXVII
4) Fiüjler, Denkm. II, Taf. 4.
f. II. 36. Ggyg I, 70.
Lojov. Luzi: Il Duomo
Milanqß: Vafari, II, 33, 47.
Orvieto. Fircnze x866, Doc.