Volltext: Die Malerei des Alterthums (Bd. 1)

Das fpäte Mittelalter. 
Italien. 
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NVärme und Feinheit des Ausdrucks find hier bewundernswerth, aber Jofephs 
kurze Figur mit ftarker Ausbiegung und gekünftelter Anordnung des Gewan- 
des grenzt an das Gezierte. Das Bild trägt nebft dem Namen die Jahrzahl 
1342 und ift demnach fchon in Avignon gemalt. 
Hierher, an den päpftlichen Hof, wurde Simone nämlich unter Benedict XII. Bgfufung 
berufen, und zwar im Jahre I339, wie urkundlich fefigeftellt ift1). Er blieb AÄQÄÄIH, 
über fünf Jahre, bis zu feinem Tode, dort, wie aus feinem Teftamente hervor- 
geht, und führte mit Hilfe feines Bruders viele Malereien aus. An dem Por- 
tale der Kathedrale fleht man im Bogenfelde noch die Madonna mit Engeln Wandbilder. 
und den Stifter, einen Cardinal, darüber den fegnenden Heiland in einer 
Engelsglorie. Der päpfiliche Palaft enthält in der Halle des Confifloriums eine 
Folge grofser Geftalten von Propheten und anderen altteftamentarifchen Figu- 
ren, in der Capelle des Papftes die Gefchichte Johannes des Täufers fowie 
Refte von Bildern aus der Petruslegende und der Paffion nebft Apoftelfiguren; 
endlich in der darüber gelegenen Capelle des heiligen Officiums Scenen aus 
der Legende des St. Martialis 2). 
Von Simone's Schwager Lippo Menzmz", der ganz feinem Stile treu blieb, Lippo_ 
find noch einige felbftändige Werke nachweisbar. Die Madonna mit Heiligen Memmh 
im Saale des Palazzo Pubblico zu S. Gimignano, fein gröfstes Wandbild, 1317 
datirt, ift eine ziemlich geiitlofe und mechanifche Reproduction von Simones 
Stadtmadonna zu Siena. Unter den Tafelbildern zeichnet fich die Maria mit 
dem Kinde im Berliner Mufeum, mit Lippds vollem Namen bezeichnet, aus. 
Neben Simone galt den Senefen Ambrogio dillorzvzzo (oder Lorerzzetii) als äläblggcgtiriwo 
ihr berühmtefter Maler zu jener Zeit; Ghiberti aber, der ihn hoch bewundert, di Lorenw- 
zieht ihn jenem fogar noch vor. Wir müffen heute auch feinen Bruder Herrn dä 
Loreuzo neben ihm nennen. In biographifcher Hinficht fehlt es an Nachrichten 
über beide, von einer öffentlichen Beftellung bei Pietro ift fchon 1305 die 
Rede 3); Ambrogio wird 1323 zuerft als Maler genannt, nach 1345, wo Ambrogio 
noch einmal in den Stadtrechnungen vorkommt, wird keiner von beiden mehr 
erwähnt. Sie arbeiteten öfter zufammen, wie bei den untergegangenen 
Bildern aus dem Marienleben an der Front des Hofpitales della Scala in Siena, 
deren noch im vorigen Jahrhundert erhaltene Infchrift die Namen beider und 
die Jahrzahl 1335 nannte. Ihr Vorzug befteht darin, dafs fie über die alter- 
thümliche Manier und die weiche Empfinclfamkeit der Schule hinausgingen und 
an Kraft und Tüchtigkeit der Auffaffung nicht gegen die beften Florentiner 
zurückblieben. In der Technik vertaufchten fie fchon früh die grünliche Unter- 
lage des Fleifchtones mit dem helleren Ton und der wärmeren Schattirung der 
Florentiner. 
Von Pielro dilonvzzo find uns heute nur noch Tafelbilder mit feiner Namens- Tggilällgfr 
bezeichnung gefichert. Das frühefte, von 1329, befindet fich in einer Capelle 
der Kirche S. Anfano bei Siena: die Madonna mit dem Kinde auf dem Throne, Egilgiifeaxiiao 
hinter deffen Rücklehne vier Engel zum Vorfchein kommen, vorn St. Nicolaus  
I) G. u. C. zlliianzjß.' Documenti per 1a. storia. delY Arte fenefe, I, 2x6. 
2) Die einzige Würdigung der italienifclmen Wandbilder in Avignon bieten Crowe und Cavalrajklie 
n, 263 ff. Der Verfaffer hat diefelben noch nicht gefehen. 
3) C. u. G. Zlfiianeß, Docum. sen. I, 194. Vafari nennt ihn wegen falfcher Lefung einer In- 
fchrift Laurati und weifs nicht, dal's er Ambrogids Bruder war.
	        
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