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Buch.
Zweites
III. Periode.
Abfchnitt.
Vierter
nächfie Reihe zur Geltung, und über diefer fmd dann die Köpfe der Ferner-
fiehenden dadurch zu fehen, dafs der Künfiler {ich noch eine Stufe unter
ihnen gedacht hat. Dennoch treten alle Charaktere klar hervor, und ihr Aus-
druck verbindet {ich zu grofsartiger Einheit der Stimmung. Maria's feines Oval,
im Zufchnitt noch den Typen Duccio's nahefiehend, mit dem fmnig zarten Aus-
druck, den die emporgezogenen unteren Augenlider verleihen, und der weichen
Neigung des Hauptes, ift von hoher Anmuth; in den Engeln mit Blumen und
den adorirenden heiligen Jungfrauen zunächft am Throne wird die Lieblichkeit
durch begeifterte Hingebung verklärt; zu freiefiem Adel bei vollerer" Bildung
der Züge erheben fich die Erzengel, die inmitten der beiden Gruppen ftehen
und zu den kräftigen Charakteren der Apoftel und des Täufers einen wir-
kungsvollen Gegenfatz bilden. Die liebevolle Durchbildung ift bei dem Zu-
{iande des Bildes nur noch theilweife kenntlich.
Im felben Raume gegenüber malte Simone 1328 das Reiterbild des
Senefifchen Feldhauptmanns Guidoriccio Fogliani, eine energifche Erfchei-
nung, auf fchwerfälligem Gaule, im Profil gefehen, mit einer Umgebung von
Caftellen und Palifaden.
Amn. Aufserhalb Sienaßs entfprechen dem Simone, nach dem Urtheile von
Crowe und Cavalcafelle, die Wandmalereien aus der Martinslegendedn der
eriten nördlichen Capelle der Unterkirche zu Afiifi, die Vafari dem Razzia
Tafelbild", Ckzpmzrza zufchrieb. In Neapel war Simone für König Robert befchäftigt; eine
Neapel Seitencapelle in S. Lorenzo Maggiore dafelbfi enthält den thronenden St.
Ludwig, Bifchof von Touloufe, der feinem vor ihm knieenden Bruder König
Robert die Krone auffetzt, und an der Predella Scenen aus der Legende des
Heiligen. Unter anderen bezeichneten Tafelbildern fei zunächfi ein Mado-
nenbild mit Halbfiguren von Heiligen vom Jahre 1320, aus S. Domenico in
Orvicto. Orvieto, jetzt in den Opera del Duomo, erwähnt. Im felben Jahre wurde, nach
den Klofierannalen, der Hochaltar der Kirche S. Caterina in Pifa bei ihm be-
Pcellt, urfprünglich aus {ieben Tafeln mit mehreren Bilderreihen beftehend, in
den Hauptabtheilungen die Bruftbilder der Madonna und verfchiedener Heiliger
enthaltend. Sechs Tafeln diefes Werkes {ind jetzt in der Bibliothek des
pifa, Seminars in Pifa zu fehen. 1). In den Ufflzien zu Florenz befindet flch ein
Flomm ehemaliges Altarwerk aus dem Dome in Siena: die Verkündigung Marias und
die {tehenden Heiligen Anfanus und Giulietta, nach der Infchrift im Jahre 1333
von Sinzozze mit feinem Schwager Lgßpo gemalt. Charakteriftifch lind das {iark
betonte Empfindungsleben, das {ich erfchreckt Zurücklehnen Marias im Seffel,
die edle Erregtheit der Heiligen. Die Farbe ifi in Simone's Tafelbildern von lichter
Klarheit mit geringer Modelliruug und einer grünlichen Unterlage im Fleifche,
die noch an byzantinifche Technik erinnert, bei feiner, fcharfer Durchbildung.
Merkwürdig ifi endlich noch ein kleines Täfelchen in der Royal Infiitution zu
LiverpooL Liverpool. Den zwölfjährigen Jefusknaben, der mit beiden Armen ein Buch
an feine Bruft fchliefst, führt Jofeph zur fitzenden Maria hin, und beide fchei-
nen ihn mild vorwurfsvoll über fein Weilen im Tempel zu fragenß). Die
I) Andere Refie in der Akademie. Eine heilige Barbara, die als zu diefem Werke gehörig gilt,
bei dem Oberften Rothpletz in Aarau. Die hl. Katharina abgebildet bei Föaßer, Denkm. I Taf. 49.
2) Abbild. bei Crowe und Cazlalcqfelle, II. zu S. 270.