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Zweites Buch.
Periode.
Vierter Abfclmitt.
ein rüftiges Arbeiten, duldet kein Schwanken und Aendern aber führt zu
grofser Klarheit der Haltung und ift ungleich dauerhafter als die Malerei auf
trockenem Bewurfe. Bis auf einen gewiffen Grad bleibt aber immer noch die
Malerei nal seccou mit dem Fresco combinirt, indem einige Farben {ich nicht
für das Fresco eignen und in Tempera aufgefetzt werden. Die Tempera-
technik, die entweder blofs Eigelb oder Ei und Feigenmilch als Bindemittel
gebraucht, wird ferner für die Malerei auf Tafeln verwendet, die, wie im
Norden, zunächit mit Leim überzogen, zum Verdecken der Fugen mit Lein-
wand überklebt und dann mit einem Gypsgrunde verfehen werden. Diefe
Technik verdrängte das zähere Bindemittel der byzantinifchen Tradition und
deren gelblichen Firnifs. Daneben find Vorfchriften für das Bereiten der
einzelnen Farben, ihren Auftrag und ihre Sohattirung, für Auffetzen von Gold,
auch auf erhöhten Gypsverzierungen, für Firnifs, für Malerei im Dienfte des
Handwerkes gegeben. Auch von Oelmalerei ift die Rede, aber nebenbei, ohne
dafs ihr bei Wand- oder Tafelbildern eine eigentlich künftlerifche Rolle zufiele.
väftllwäll-Cl. Mühfam, in langer Lehrzeit und Praxis, eigneten {ich die Nachfolger
Gi0tto's diefe technifche Erfahrung an. Nach Cenninds Zeugnifs war Taddeo
Gadzii 24 Jahre lang Giollds Schüler, und 62111227120 felbft I2 Jahre lang der
Schüler von deffen Sohne Angela Gadrlzl Demnach blieben die Maler 'naeh
Ablauf der eigentlichen Lehrzeit oft noch lange als Gefellen bei ihren Meiftern
und nahmen an deren Arbeiten theil, ohne das Bedürfnifs der Selbftändigkeit
zu empfinden. Das mufste eine fehr fefte technifche Ueberlieferung zur Folge
haben, aber auch den Stillftand begünftigen und den Schüler allzufehr an die
Manier des Meiilers ketten. Cennino verlangt zwar von dem Maler, dafs es
ihm ernft mit der Sache fei, und dafs er nur aus Liebe und edlem Sinne zur
Kunft flrebe, mufs aber geftehen, dafs fich einige auch aus Noth des Lebens
und um des Gewinnes willen ihr zuwendeten. Unter der grofsen Menge von
Malern waren viele, die ihre Kunft ganz handwerksmäfsig ausübten.
Gilden- Was die äufsere Stellung der Maler betrifft, fo gehörten f1e in Florenz zu
einer der 2I Gilden, in Welche die gefarnmte Bürgerfchaft getheilt war, und
zwar zu einer der fieben höheren (arti maggiori), der Gilde der Chirurgen und
Apotheker (medici e speziali). In diefer mufste immatriculirt werden wer eins
der ihr zugehörigen Handwerke betreiben wollte. Die Verbindung von Medicin
und Malerei ilt uralt, wie denn die Legende fchon den heiligen Lucas zum
Arzte und Maler gemacht hatte 1). Das Banner der Gilde zeigte ein Marienbild
auf rothem Felde, während zum Beifpiel die Wechsler Goldmünzen, die Stein-
metzen und Holzarbeiter Säge, Beil und Hammer als Zeichen führten 2). Neben
ßfrcäißfg- der Gilde aber entftand nach Giottds Zeit noch eine befondere Malerbruder-
'fchaft, die Compagnia di San Luca, die nicht eine bürgerliche Corporation
war, fondern auf religiöfer Grundlage ruhte und dabei die gefelligen Bezieh-
ungen zwifchen den Kunflgenoffen pflegte. Sie war im Jahre 1349 geftiftet
worden und hatte in der Spitalkirche Santa Maria Nuova ihre Capelle 3).
I) Sir Charles Eaxtlake, Materials for a history of oil painting, I, London 1847, Cap. I: Con-
nexion between the early history of painting and that 01' medicine.
2) Cronica. di Giozxaazni Villanz", lib. VII, cap. I3 (um 1267).
3) Vafari im Leben des Yarojßa di Cafmtino, Ausg. v. flfilanqi," I. 673. Abdruck der Satzungen
bei Gaye, II, 32, mit der jahrzahl 1339, die von den Herausgebern des Vafari einer unrichtigen Inter-
Con-