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Zweites
Buch.
Periode.
Vierter
Abfchnitt.
Marias Geburt die Darftcllung der Woehenftube überliefert, und gab auch
Giotto hier das genrehafte Motiv, das Wafchen der Neugeborenen, die zwei-
mal auf dem Bilde vorkommt, fo liegt doch das Irlauptgewicht auf dem Aus-
druck der Mutter, die {ich das Kind reichen läfst und ihm die Hände ent-
gegenftreckt. Bei Marias Darflellung im Tempel (Fig. 124) kommt ebenfo
die Entfchiedenheit der cmporlteigendexi Kleinen wie das liebevolle Fördern
ihrer Schritte durch die Mutter "und die würdevolle, freundliche Aufnahme
durch den Prieffer zur Geltung. Die Heimfuchtlng ifl ein beredter Dialog ohne
Worte zwifchen tiefernfler, hingebender Verehrung und hoheitsvoller Demuth.
Ganz lebhafte, ungeftüme Handlungen gelingen noch nicht immer, wie der Kinder-
mord und die Austreibung der Wechsler aus dem Tempel; da fehlt die volle
Sicherheit der Action, die fomit Zu blofser Mimik wird. Aber da, wo es nicht
fowohl auf das Aeufserliche des Vorganges als vielmehr auf das innerliche Er-
lebnifs der Charaktere ankommt, iPt Gietto gewaltigen dramatifchen Lebens fähig,