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Buch.
Zweites
Periode.
Vierter Abfchlmitt.
Altar der handen ifl. Für denfelben Cardinal fchuf Giotto ein Altarwerk für St. Peter,
iieffiiif das heute in der Stanza Capitolare der Sacriftei bewahrt wird und Vafarils
Worte beitätigt, dafs es das forgfamft ausgeführte aller feiner Tafelbilder fei.
Auf der Hauptfeite erblickt man den Cardinal vor dem von Engeln um-
gebenen Heilande, feitwarts die Martyrien Petri und Pauli, auf der ehemaligen
Rückfeite den thronenden Petrus mit Heiligen und zwei verehrenden Bifchöfen,
unter welchen der Stifter; feitwärts vier Apoftel. Dazu kommen zahlreiche
andere Darftellungen in Giebeln und Rahmen fowie Fragmente einer Predella
mit der Madonna. In der Lateranskirche ift von Giotto nur ein Stück Wand-
malerei übrig: Bonifäcius VIII., das Jubiläum von 1300 verkündend, ein fchlecht
erhaltenes, an einem Pfeiler eingemauertes Fragment der Bilder, die Giotto in
der Loggia des Lateranpalailes ausgeführt hatte 1).
paaua, Der Zeit nach folgt zunächft dasjenige Werk, in welchem wir heute noch
dellfuzifreclfiza. Giotto am vollfiändigflen beurtheilen können: die Cappella dell' Arena in
Padua, fo genannt weil fie am antiken Amphitheater liegt, von einem reichen
Bürger Padua's, Enrico degli Scrovegni, gefliftet und 1303 im Bau vollendet 2).
Nach einem Dante-Commentator des I4. Jahrhunderts, Benvenuto da Imola,
hatte Dante den Meifter während diefer Arbeit befucht und war von ihm
ehrenvoll aufgenommen und in fein Haus geführt worden 3). Dante's Aufenthalt
in Padua ift aber im Jahre 1306 feügeftellt.
Mit Ausnahme des Chores, der nur fpätere Malereien aufweill, ill die
einfchiffige Kirche einheitlich von Giotto decorirt. Das Gewölbe fchmücken
Medaillons mit den Bruftbildern von Chriftus, Maria und Propheten. An den
Langwänden und am Bogen vor dem Chore erzählen 38 Bilder in drei Reihen
die Legende Marias von der Zurückweifung von Joachims Opfer und den
Ereigniffen vor ihrer wunderbaren Geburt an, dann die Gefchichte des Evan-
geliums bis zur Ausgiefsung des heiligen Geilles. Eine Fülle ganz kleiner.
Bilder, welche die grofsen ergänzen, ifi in den fchönen breiten Umrahmungen
angebracht, mitunter aus dem Neuen Teftamente, noch häufiger aber aus dem
Alten, und zwar in typologifcher Abficht. So ift neben der Himmelfahrt
Chrilli die Himmelfahrt des Elias zu fehen. Auch Motive aus dem Phyfiologus
tauchen an folchen Stellen auf, fo neben den Engeln am Grabe und dem
Auferitandenen vor Magdalena der Löwe, der feine Jungen durch feinen Hauch
belebt. Der untere Sockel enthält grau in grau vierzehn Perfonificationen der
Tugenden und der Lailer. Wendet der Eingetretene {ich um, fo erblickt er
an der Stelle, die dafür traditionell war, an der Eingangswand, die grofse
I) Agincozzrt Taf. 115. Nach Crowß und Camzlcafdle müfsten jetzt die Wandgemälde im
Florentiner Palazzo del Podestä. mit dem Bilde Dante's behandelt werden. Die fchlecht erhaltenen
Arbeiten laffen ein Urtheil kaum mehr zu; aber [Uilzmeß (Vafari-Ausgabe I, 413) hat den zwingenden
Beweis geführt, dafs diefelben erfc 1337 entilanden fmd, Ein Bild Dante's von Giottds Hand befand
(ich einit in diefem Palafte, aber nach Wllzmi auf dem nicht mehr vorhandenen Altarbilde der Capelle.
2) P. E. Selwatica: Sulla capellina degli Scrovegni nell' arena di Padova e sui freschi di Giotto
in 355a, dipinti, Padova 1836, 701a: lfurlein: Giotto and his works in Padua, London 1854, zu
der Pnblication der Arundel Society. Vgl. auch E. Förffier, Denkm. it. M. I, "Faf. 21-25.
3) Excerpta historica ex commentariis MSTis Benvenuti de Imola in comoediani Dantis ab eo
circiter annum Chrifti MCCCLXXVI compolitis, bei Jlluratorz", Antiquitates Italicae medii aevi I, Medic-
lani 1738, col. U85 f.