Das fpäte Mittelalter.
Italien.
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weife das grofse Bild läfst die fonft von anderen Zeitgenoffen verfuchten
Schritte über den traditionellen Stil hinaus vermiffen, der hier nur in dürftigen,
fchüchtern bewegten Formen reproducirt wird, wofür eine gewiffe Zartheit
des Ausdrucks in der Maria kein ausreichender Erfatz ift. Torriti bleibt
durch das Studium der älteren Denkmäler zu fehr gebunden und behält
auch die frühere ornanientale Pracht bei: den reichen Rahmen, die eleganten
Blattgeivinde mit Vögeln, die allen freigebliebenen Raum in der Wölbung
füllen, den untern Saum des Halbkuppelbildes, der an die altchriflliche Ver-
zierungsweife der untergegangenen Kuppelmofaik in der Coftanza erinnert; er
beiteht aus einem Strome, an deffen beiden Seiten Flufsgötter ruhen, und
der von Barken und Fifchen belebt ift, während allerlei Thiere am Ufer zu
fehen fmd.
Um diefelbe Zeit wurde die Mofaikdecoration der Fagade 1) unternommen, Fagade.
die heute in die Barockvorhalle eingebaut und durch roh ausgebrochene
Feniler entftellt ifl. In einem Runde, das den Künftlernanien Plzilzjvjnzs Rzrfzztirilippp
enthält, thront Chriflus, umgeben von vier Engeln mit Rauchfäffern und Kerzen; Ruhm
feitwärts ftehen acht Heilige, über denen (ich die Zeichen der Evangeliften
befinden. Die zwei kleineren Stifterfiguren der Cardinäle Giacorno und
Pietro Colonna find zerftört worden. Bei etwas belebteren Motiven geht
die Arbeit doch nicht wefentlich über Torriti's Stil hinaus. Dann folgt aber
noch eine untere Reihe: vier Scenen aus der Gründungslegende der Bafilika qaddo
Liberiana: die Jungfrau erfcheint dem Papfte Liberius und dem Patricier Gaddi"
Johannes im Traume; diefer offenbart dem Papfte fein Geficht; Liberius zeichnet
den Grundrifs der Kirche in den durch ein Wunder gefallenen Schnee. Diefe
vier Momente entwickeln fich lebendig bei fprechenden Motiven der Bewegung,
wenn auch mit fChWäChliChCm Gliederbau. Reiche, farbenprächtige Architek-
turen, wie wir fie bald in den Arbeiten der nächften ilorentiner Generation
kennen lernen werden, bauen {ich überall auf. Schöne Marmormofaik im Stile
der Cosmaten theilt die Bilder gegen einander und gegen oben ab. Hier
kündigt fich fchon eine andere Epoche an. Vafari, der Rufuiz" nicht kennt,
fchreibt die Vollendung der unteren Bilder dem früher erwähnten Gadrio Gaddz"
zu, welcher hiernach fchon von dem Stile feines Zeitgenoffen Giotto Einflufs
erfahren haben mufs 2).
Neapel befitzt eine fehr fehadhafte Mofaik vom Anfange des I4. jahr- Neapel.
hunderts in einer Capelle der Kirche S. Reftituta neben dem Dome: die
Madonna mit den Heiligen Januarius iund Rcftituta. In der Infchrift fcheint
fich ein Lellus als Urheber zu nennen.
I) D1: Rassi, musaici cristiani.
2) Ausgabe v. lllilanaß, I, S. 347: Ed aiutando a ünire alcune slorie, che sono nella facciata di
Santa Maria Blaggiore, di musaico, migliorö alquanto 1a manieta, et si parti per un poco da. quella
greßa C116 11011 älvövä i11 Sä P1111931 di 11110110- vStorica kann nur auf die unteren Bilder gehen.