fpäte Mittelalter.
Das
Italien.
419
nicht übertrieben gefchlitzt, fondern erhalten nur durch das leife Hinaufziehen
der unteren Lider etwas Sinnendes, zart Schwermüthiges. An idealem Schön-
heitsgefühl übertrifft Duccio alle italienifchen Maler feiner Zeit. In den
erzählenden Bildern ift die Abhängigkeit von älteren Vorbildern fichtlich, bei
der Ausführlichkeit der Darltellung, der grofsen Anzahl einzelner, oft allzunahe
an einander grenzender Momente wiederholen {ich öfter die Situationen; volle
dramatifche Kraft liegt nicht in Duccio's Begabung, die Motive flnd Oft
fchüchtern und befangen, wo wir entfchloffene Handlung erwarten. Dennoch
find die Gegenilände felbfländig durchdacht, und wir finden überall Köpfe
und Geberden voll Ausdruckes und tiefen Gefühles. Daher üben gerade die
ruhigeren Vorgänge oft eine ergreifende Wirkung, wie die Beflattung Marias.
Die Gruppirung ift fchlicht und kunftlos, aber durch die Apoitel, welche liebe-
voll die Leiche in den Sarkophag legen und wehmüthig fich über fie neigen,
geht ein Ausdruck innigften Schmerzes; Felfen mit einzelnen Bäumen bilden
den Hintergrund (Fig. 122). In der Behandlung Duccio's fällt zunächPc die
grünliche Untermalung der Fleifchtöne auf, die jetzt häufig zu Ptark durchge-
wachfen ift. Seine Pinfelführung ift eine forgfam vertreibende bei höchfter
ornamentaler Zierlichkeit und beinahe peinlicher Sorgfalt. An liebevoller
Durchführung kann faft kein Florentiner mit ihm wetteifern.
Nachfolger Duccio's waren Segna und Ugolino von Siena. Bezeichnete Segna.
Bilder von erfterem {ind vier vereinigte Tafeln mit Halbtiguren, die Madonna
und drei Heilige, in der Galerie zu Siena und eine Madonna mit Engeln nebft
Stiftern und ihren Schutzpatronen in der Kirche zu Caftiglione Fiorentino bei
Arezzo. Der Stil Duccio's ift hier zu gefuchter Zierlichkeit übertrieben.
Ugolino, wahrfcheinlich identifch mit einem Ugolino Nerz", der um 1317 in Siena Ugolino,
vorkommt, war vielfach für Florenz befchäftigt und fchuf für S. Croce einen
Hochaltar, von dem eine Anzahl Tafeln einfl in Young Ottley's Sammlung
in London vereinigt war, feitdem aber wieder in Privatbefitz zerftreut ift 1). Er
beftand aus {leben verticalen Abtheilungen: an der Predella Scenen aus der
Pafflon vom Abendmahle bis zur Auferftehung, unter der mittelflen, der Kreuz-
tragung, die volle Namensbezeichnung; in der Hauptabtheilung Bruftbilder
von Heiligen und in der Mitte die Madonna; darüber ein Fries mit kleinen
Köpfchen. In der folgenden Reihe Paare von Heiligen, befonders Apoileln,
zuletzt Giebelftücke mit Halbtiguren von Heiligen. Während {ich Ugolino in
dem Oval der Köpfe, dem fchön geformten Munde, dem fcharfem Gefält ganz
an Duccio fchliefst, iPc er im Vortrage fchon Hüffiger, in den Formen voller
und namentlich in der Predella oft frei und dramatifch in der Auffaffung.
Mofaiken
Rom.
Neben den Toscanifchen Schulen war an der Grenze des 13. und I4. Jahr-
hunderts eine Zeit lang auch Rom von Bedeutung, wo die Mofaik fort und
fOrt gepflegt wurde im Anfchluffe an die bisherige einheimifche Tradition, die
nur leife Wandlungen unter dem EinHuffe der geänderten Zeitrichtung erfuhr.
I) Bei Rev. Mr. John F 1111er Ruffel zu Greenhithe in Kent hat der Verfaifer im J. 1866 die von
Ilizagezz, T reafures II, 461 u. IV, 285, genannten Stücke, namentlich fämmtliche Predellenbilder, gefehen.
27 E55