Volltext: Die Malerei des Alterthums (Bd. 1)

fpäte Mittelalter. 
Das 
Italien. 
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nicht übertrieben gefchlitzt, fondern erhalten nur durch das leife Hinaufziehen 
der unteren Lider etwas Sinnendes, zart Schwermüthiges. An idealem Schön- 
heitsgefühl übertrifft Duccio alle italienifchen Maler feiner Zeit. In den 
erzählenden Bildern ift die Abhängigkeit von älteren Vorbildern fichtlich, bei  
der Ausführlichkeit der Darltellung, der grofsen Anzahl einzelner, oft allzunahe 
an einander grenzender Momente wiederholen {ich öfter die Situationen; volle 
dramatifche Kraft liegt nicht in Duccio's Begabung, die Motive flnd Oft 
fchüchtern und befangen, wo wir entfchloffene Handlung erwarten. Dennoch 
find die Gegenilände felbfländig durchdacht, und wir finden überall Köpfe 
und Geberden voll Ausdruckes und tiefen Gefühles. Daher üben gerade die 
ruhigeren Vorgänge oft eine ergreifende Wirkung, wie die Beflattung Marias. 
Die Gruppirung ift fchlicht und kunftlos, aber durch die Apoitel, welche liebe- 
voll die Leiche in den Sarkophag legen und wehmüthig fich über fie neigen, 
geht ein Ausdruck innigften Schmerzes; Felfen mit einzelnen Bäumen bilden 
den Hintergrund (Fig. 122). In der Behandlung Duccio's fällt zunächPc die 
grünliche Untermalung der Fleifchtöne auf, die jetzt häufig zu Ptark durchge- 
wachfen ift. Seine Pinfelführung ift eine forgfam vertreibende bei höchfter 
ornamentaler Zierlichkeit und beinahe peinlicher Sorgfalt. An liebevoller 
Durchführung kann faft kein Florentiner mit ihm wetteifern. 
Nachfolger Duccio's waren Segna und Ugolino von Siena. Bezeichnete Segna. 
Bilder von erfterem {ind vier vereinigte Tafeln mit Halbtiguren, die Madonna 
und drei Heilige, in der Galerie zu Siena und eine Madonna mit Engeln nebft 
Stiftern und ihren Schutzpatronen in der Kirche zu Caftiglione Fiorentino bei 
Arezzo. Der Stil Duccio's ift hier zu gefuchter Zierlichkeit übertrieben. 
Ugolino, wahrfcheinlich identifch mit einem Ugolino Nerz", der um 1317 in Siena Ugolino, 
vorkommt, war vielfach für Florenz befchäftigt und fchuf für S. Croce einen 
Hochaltar, von dem eine Anzahl Tafeln einfl in Young Ottley's Sammlung 
in London vereinigt war, feitdem aber wieder in Privatbefitz zerftreut ift 1). Er 
beftand aus {leben verticalen Abtheilungen: an der Predella Scenen aus der 
Pafflon vom Abendmahle bis zur Auferftehung, unter der mittelflen, der Kreuz- 
tragung, die volle Namensbezeichnung; in der Hauptabtheilung Bruftbilder 
von Heiligen und in der Mitte die Madonna; darüber ein Fries mit kleinen 
Köpfchen. In der folgenden Reihe Paare von Heiligen, befonders Apoileln, 
zuletzt Giebelftücke mit Halbtiguren von Heiligen. Während {ich Ugolino in 
dem Oval der Köpfe, dem fchön geformten Munde, dem fcharfem Gefält ganz 
an Duccio fchliefst, iPc er im Vortrage fchon Hüffiger, in den Formen voller 
und namentlich in der Predella oft frei und dramatifch in der Auffaffung. 
Mofaiken 
Rom. 
Neben den Toscanifchen Schulen war an der Grenze des 13. und I4. Jahr- 
hunderts eine Zeit lang auch Rom von Bedeutung, wo die Mofaik fort und 
fOrt gepflegt wurde im Anfchluffe an die bisherige einheimifche Tradition, die 
nur leife Wandlungen unter dem EinHuffe der geänderten Zeitrichtung erfuhr. 
 
I) Bei Rev. Mr. John F 1111er Ruffel zu Greenhithe in Kent hat der Verfaifer im J. 1866 die von 
Ilizagezz, T reafures II, 461 u. IV, 285, genannten Stücke, namentlich fämmtliche Predellenbilder, gefehen. 
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