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Zweites Buch.
III.
Periode.
Vierter Abfchnitt.
einer Lebhaftigkeit des Affectes, die unmittelbar zur Phantafie redet. Hier iit
der erlle Schritt zur weiteren Entwickelung der toscanifchen Kunft gefchehen.
Vafari läfst irrthümlich den Cimabue fehon im Jahre 1300 fterben; noch 1301
und 1302 führte er die Mofaik in der Apfis des Domes zu Pifa aus, die fein ein-
ziges urkundlich beglaubigtes Werk, und wahrfcheinlich fein letztes, ift.') Den
thronenden Heiland in der alten feierlichen Strenge, die er in dem monumen-
rnentalen Mofaikbilde beibehielt, und die mildere Geftalt des Evangeliften jo-
hannes hat er felbfi gefehaffen, die Maria auf der anderen Seite wurde erPc
fpäter, im Jahre 1321, von einem Piftojefen Vinczäzzzs hinzugefügt.
Mgggäwivqlrilio Andere Florentiner Zeitgenoffen blieben gegen Cimabue zurück, wie
Cbppo rli jWezrcomzldo, von dem das mit der jahrzahl 1261 bezeichnete Madonnen-
bild der Familie Bordone in S. Maria dei Servi zu Siena herrührt 2). Die
umfangreichile und prächtigfte Schöpfung aus diefer Epoche in Florenz felbfi
Bantifleriumdft die grofse Kuppelmofaik des Baptiiteriums, bei welcher Vafari den
hlomm Andrea Tafi (lebte noch 1320) betheiligt fein läfst. Der oberile Ring enthält
den ftehenden Chriitus zwifchen den Chören der Engel, dann folgt auf den
drei öiilichilen Feldern der achttheiligen Kuppel das jüngfte Gericht mit dem
rieügen Chriftus, der über dem Chorbogen thront, nebfi Paradies und Hölle.
Die fünf anderen Felder find mit vier Reihen erziihlender Bilder aus dem
Alten und Neuen Teftamente bedeckt. Goldgrund und viel Gold in den
Gewändern {teigern den Glanz der Wirkung, aber künfderifch iPc das Werk
völlig in byzantinifcher Manier befangen. Eine andere gleichzeitige Mofaik in
P1132211. Florenz, die Krönung. Marias in der inneren Portallünette des Domes, von
Sigi? Vafari dem Gaddo Gaddz" (lebte noch 1333) zugefchrieben, zeigt die alter-
"thümliche Richtung fehon etwas von dem Stile Ciznalnzds berührt.
Margxritone Von den Malern aus anderen Städten ift Margarilovzz aus Areßßo zu
w" mm nennen, von dem einige bezeichnete Bilder vorkommen; das bedeutende eine
Madonna in der National Gallery zu London, aus S. Margherita in Arezzo; ferner
(luirilgnron Guido von Sierzzz, deffen Madonna in S. Domenico dnfelbft wahrfcheinlich 1281
gemalt wurde 3).
Um diefelbe Zeit trat aber in Siena ein Meifier auf, der {ich Cimabue an
Duccio. die Seite ftellen konnte: Duvcio, Sohn des Buzmizzsenga, urkundlich zuerft 1282,
zuletzt 1320 erwähnt fehon von Ghiberti hoch gepriefen. Der berühmte
Dornaltar, Altar des Domes in Siena, 1308 bei ihm beiiellt, 1311 vollendet und dann in
5mm" feierlicher Proceffion von feiner Werkitatt abgeholt, um unter Pauken, T rom-
peten und Glockengeläute nach der Kirche gebracht zu werden fleht jetzt,
I) Cianzpi, Notizie inedite della sagrestia Pistoiese de' belli arredi del campo snntn Pisano c di
altre opere di (lisegno etc. Firenze 1810, S. 144. Vgl, Vafmv" ed, Jlilanejl, I, 319 Anm.
2) Kojini I, Taf. 6, unter denr Namen Diotffalvi.
3) Eine falfche Jahrzahl, die lange die Kunftgefchichte irregeführt hat, 122i, [teht jetzt in der
reßanrirten Infchrift vor den Verfen: Me Guido de Senis diebus depinxit amenis, qucni Chriflus leuis
nullis velit agere penis. Der Meifier iPc Wahrfcheinlich der feit 1278 vorkomnxende Guizlo Grazimli.
Vgl. Gaetana Älilanesi: Della veraetä di Guido pittore senese etc. Siena 1859; auch in deffen Buche:
5111121 storia delP arte Toscana, Scritti varj, Siena. 1873.
4) jllilanw: Documenti per 1a storia de1l' arte senese, Siena, 1854, I, 158, 168.
5)_Ebenda S. 166. Infchrift: Mater sancta Dei sis cauSn. Senis requiei, sis Ducio vim, te quin
depinxit ita. Abbildungen: Die Paflion des Duccio Buoninsegna. Nach Zeichnungen F. zr. [ßlmrlcnx geil.
v. Bart. Bartorcini, herausg. v. Emil Braun, Leipzig 1848. E. Fiivßzr, Denkmale, I, Tag 17.-20.