Das
fpäte Mittelalter.
Italien.
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mit vier Engeln zwifchen fpäteren Bildern {tehen geblieben. Zufammen- Am,
hängender tritt uns Cimabue's Wirken in der Oberkirche entgegen, die {ich Obmmhe"
einfchiffig, in Kreuzform, mit ausgebildet gothifchen Formen und in lichten,
freien Verhältniffen über jenem Unterbau erhebt. Vafari {ieht die Ausmalung
diefes Raumes als Schöpfung des Cimabue allein an, was jedenfalls in {oweit
eine Einfchränkung erleidet, als in den Ofttheilen eine Reihe {ichtlich älterer,
der erPren Hälfte des I3. Jahrhunderts entfprechender Bilder vorhanden ift:
die Malereien im füdlichen Kreuzarme, befonders die grofse Kreuzigung und
auch wohl die Bilder aus der Marienlegende im Chorfchluffe. Die Refte eines
jüngfcen Gerichtes im nördlichen Kreuzarme {tehen bereits dem Cimabue näher,
laffen aber wegen fchlechter Erhaltung kein beilimmteres Urtheil zu.1)
Aber Gewölbe und Wände des Langhaufes zeigen, abgefehen von der
unterften, dem Giolfo zugehörigen Bilderreihe, eine einheitliche Conception ver-
bunden mit {trenger decorativer Uebereinitimmung, fo dafs man für diefe
Theile an VafariÄs Mittheilungen zu zweifeln keinen Grund hat. Von den fünf
Kreuzgewölben, das der Vierung mit eingefchloffen, find nur drei mit Bildern,
die zwei dazwifchen liegenden mit goldenen Sternen auf blauem Grunde
gefchmückt; das öftlichfte enthält die vier Evangeliiten, denen Engel die
Infpiration mittheilen, das mittlere vier Medaillons mit den Köpfen Chrifti,
Marias, johannis des Täufers und des Franciscus, das weftlichfte, in der
Auffaffung am freieften, die vier Kirchenvater mit nachfchreibenden Mön-
chen. Dann folgen die zwei oberen Bilderreihen des Langhaufes, von denen
jede in den einzelnen Traveen zwei Gemälde feitwärts von dem fchmalen
Spitzbogenfefter (an der Weftwand {eitwärts von dem Radfenfter) enthält.
An der Südwand ift die Gefchichte der Genefis bis zu jofeph, an der
Nordwand die Erzählung des Evangeliums dargeftellt. Diefe Endet unten
an der Weftwand in der Himmelfahrt und der Ausgiefsung des heiligen
GeiPces ihren Abfchlufs, über welchen die Geftalten des Petrus und des Paulus
zu fehen ilHd.2) Von diefen 36 Bildern {ind viele ganz zerftört, andere ver-
blichen und Pcark befchädigt; was noch kenntlich i{t, zeigt in Kopftypen, Ex-
tremitäten und Gewandung denfelben Stil, wie die erwähnten Tafelbilder, nur
eine weit {lüchtigere decorative Behandlung, wie fie die Aufgabe felbit mit
{ich brachte. Aber während Cima.bue in jenen Andachtsbildern immer noch
gebunden erfcheint, findet er hier Gelegenheit zu freierer Entfaltung feiner Kraft.
Klare Anordnung und gutes Raumgefühl verbinden {ich mit einer Dreiftigkeit
in Motiven und Geberden, welche die ältere Starrheit durchbricht, und mit
I) In diefen Punkten {Iimmen wir Crowe und Camwafelle, I., S. 14.2 f, bei, während wir im
1" Olgenden von ihnen abweichen.
2) Zur genauen Befchreibung bei Crozue u. Cavalraßlle, I S. 178, ift Folgendes zu berichtigen:
Sie nehmen bei Nr. V ihrer Aufriffes, der Vertreibung aus dem Paradiefe, die Trivialität wahr, dafs
der Engel Adam mit den Fufse fortflofse, haben hier aber falfch gefehen, denn beide Geftalten fchreiten
nur heftig aus. XII {Iellt Abraham vor den drei Engeln dar, XIII den Jacob, der flch den Segen
des Vaters erfchleicht, XIV Efau, der mit feinem Wildpret zu fpät vor Ifaak erfcheint. Dafs die
Ausführung mit Hilfe von Schülerhänden gefchehen, iil: bei diefem grofsen Werke erklärlich und felbft-
verfiändlich, aber ohne hinreichenden Grund haben Crowe und Cavalcafelle, Vafaxi gegenüber, auf
Verfchiedenheit in der Behandlung zuviel Gewicht gelegt, die Einheitlichkeit der Conception leugnen
und hier die Thätigkeit vieler florenliner Kiinfiler wahrnehmen wollen.