Volltext: Die Malerei des Alterthums (Bd. 1)

Das 
fpäte Mittelalter. 
Italien. 
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Wir wiffen jetzt, dafs diefer Bericht nur eine Combination ift, dafs von 
einer Thätigkeit griechifcher Künftler in Pifa und Florenz damals fchwerlich 
die Rede fein konnte, dafs überhaupt das Auftreten byzantinifcher Künftler 
in Italien ein loeal und zeitlich eng begrenztes gewefen war, dafs aber aller- 
dings durch directe und indirecte Einwirkungen eine byzantinifche Manier fich dffjfijzzfläiltg 
in Italien feftgefetzt hatte. Diefe dauerte noch fort, obwohl die ausübenden 4326331 
Künftler Italiener waren, und die Auseinanderfetzung mit ihr bildet den erften   
Schritt zu einer neuen Entwickelung. 
Vafari beginnt feine Biographien mit dem Florentiner Gio-zuznni Cizzznbzze, Cimahue. 
ihm zufolge I24o geboren. Aber noch eine ältere Quelle beftätigt, dafs Vafari 
diefem die rechte Stelle angewiefen: Dante, der ihn als den Vorläufer 
Giotto's erwähnt und dadurch feinem älteften anonymen Commentator vom 
Jahre 1334, den bereits Vafari citirt, Gelegenheit zu einer Bemerkung über 
Cimabuds Berühmtheit und Ehrgeiz gibt. Er übte die Tafel- und Wandmalerei 
wie die Mofaik. Seine erhaltenen Hauptwerke, die nur von Vafari als folche 
genannt, nicht urkundlich oder durch Infchriften beglaubigt find, beftehen in 
drei grofsen Madonnenbildern mit Goldgrund auf Holz. Das berühmtefie ift 
dasjenige der Capella de' Rucellai in Santa Maria Novella zu Florenz. Maria Florenz. 
thront, das Kind im Schofse, feitwärts knieen fechs Engel, an den Thron fich Kuli-Eli? 
haltend, kleiner im Mafsfiabe, ftreng fymmetrifch und flächenhaft, einer über 
dem anderen, angeordnet. Marias Kopf ift alterthümlich typifeh, mit langer 
Nafe, gefchlitzten Augen, auffallend kleiner Bildung von Mund und Kinn und 
leifer Neigung. In den Händen mit langen, dünnen Fingern wie in den 
Füfsen des Kindes ift die Naturkenntnifs fehr mäfsig; die Füfse Marias ver- 
fchwinden völlig unter der Gewandung, die conventionell doch nicht ohne 
Schwung angeordnet ift und unten in gefuchte, fpitzzipfelige Motive 
verläuft. Aber das Ganze wirkt durch milde Feierlichkeit, durch den Aus- 
druck holder Verehrung in den Engeln und den Verfuch einer naiven Be- 
wegung im Kinde (Fig. I2o).1) Die Farben find einfach und heiter geftimmt, 
klar im Fleifche. Die byzantinifche Manier ift nicht überwunden, fondern 
durch eine dem Cimabue im Unterfchiede von Niccola Pifano eigene Hin- 
neigung zum gothifchen Gefchmack in Haltung, Kopfneigung, Ausdruck, Ge- 
wandung und durch vereinzelte fchüchterne Griffe in das Leben nur leife 
modificirt. 
Die beiden anderen Bilder, die flark gelitten haben, lind ganz ähnlich com- Louvre. 
ponirt, das im Louvre, einft in S. Francesco zu Pifa, hat noch die Medaillons 
von 24 Heiligen am Rahmen, das aus S. Trinita in Florenz, jetzt in der dor- Älinäeilz, 
tigen Akademie, zeigt jederfeits nicht drei, fondern vier Engel und unten die n 6mm 
Bruflbilder von vier Propheten. 
Cimabuds Thätigkeit in der Wandmalerei haben wir in Affifi aufzufuchen, Affiii, 
das für die italienifche Kunftgefchichte damals eine der wichtigfien Stätten Wimmulder 
ward. Zwei Jahre nach dem Tode des heiligen Franz von Affifi (i- 1226) 
wurde in feinem Geburtsort, auf der öden Richtftätte aufserhalb der Stadt, 
die er zu feinem Ruheplatze erkoren, die Grab- und Kloflerkirche begonnen, 
die das erfte nachweisbare Denkmal des gothifchen Stiles in Italien ift, und 
L 
Ag inmurl, Tzlf. 
108; 
Roßni,
	        
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