Volltext: Die Malerei des Alterthums (Bd. 1)

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Zweites Buch. 
III. Periode. 
Vierter Abfchlmitt. 
gehen bis zum Anfange des 16. Jahrhunderts die wichtigilen, folgereichften 
Bewegungen aus. Eine entfchiedene Neuerung tritt hier aber zuniichft in der 
{Qlitgälfi-l Plaftik viel kräftiger zu Tage als in der Malerei. Nzkcola Pzfzmo, der im Jahre 
Pißlw- 1260 fein Hauptwerk, die Kanzel des Baptifteriums in Pifa, vollendete, zeigt 
von dem bisherigen Einfluffe byzantinifchen Stiles keine Spur mehr. Seine 
Auffaffung beruht auf einem plötzlichen und kräftigen Anfchluffe an die antike 
Plaftik, das römifche Relief, bei gedrängter Anordnung und möglichlter Füllung 
des Raumes, kurzen, gedrungenen Figuren, grofsen Köpfen mit typifchen 
Zügen und antikem Faltenwurf. Aber noch mehr als der früheren italienifchen 
Richtung fleht er der Gothik des Nordens fern, von deren Schwung, Schlank- 
heit, gebogener Haltung und höfifcher Zierlichkeit er nichts hat. Der Grund- 
zug feiner Werke ift eine gemeffene, kühle, vollbewufste Kraft.  
ltlalcrei- In denjenigen Werken der Malerei, welche gleichzeitig einen Umfchwung 
einleiten, ift keine Verwandtfchaft mit feiner Richtung und namentlich keine 
ähnliche Hinneigung zum Alterthum wahrzunehmen. Die Malerei, die es 
fchwerer hat, bewegt fich im bisherigen Gleife und gelangt nur fchrittweife 
zur Ausbildung eines neuen und felbftändigen Stiles, übernimmt aber dann ent- 
fchieden die Führung. 
Die älteften Kunitgefchichtfchreiber Italiens, Lorenzo Ghiberti und Giorgio 
Vafari, 1) kleiden ihre Daritellung in ein mythifches Gewand. Ihnen zufolge 
war in Italien mit dem Ende des Alterthums auch die Kunft völlig unter- 
gegangen. Sie" wurde hier nur von Griechen ausgeübt, die nach Italien ge- 
kommen waren und ihre Kunftfertigkeit mitgebracht hatten. Ihr Stil war nicht 
derjenige der alten Griechen, fondern plump und roh, aber die Italiener 
nahmen ihn an, weil fie nichts Befferes gewöhnt waren, bis dann um 1250 der 
Himmel ein Erbarmen hatte, und nun Leute auftraten, die das Gute von dem 
Schlechten zu unterfcheiden verftanden. Vafari läfst wie den Bildhauer Nic- 
colzz Hfano, fo auch den Maler Cimabue IICh zunächft grieehifchen Meiftern an- 
fchliefsen, die in feiner Heimath arbeiteten, ihnen ihre KunPt abfehen, aber fie 
dann übertreffen. 
I) Gioräriu Vafari: Lc vite de' piü cxcellenti pittori, scullori ed architettori. Originalausgaben 1550 
u. 1508. Spätere Ausgaben mit ilrkundlichen Beiträgen von G. liottzzri, Rom, 1759 f. und Guglielzno 
delfa Volle, Siena, 1791-1794; ferner von (lizzfujrpe jllolzirmi und Gfamuzni illafelli, Florenz, bei 
Passigli, 1832-4838. Neue krilifche Ausgabe in I4 Bändchen, Florenz, bei Felice Le Monnier 1846  
1870. Hier auch im erflen Bande die Conimentarj des Lorwzza Glziüerli. Von der neuen Auflage 
diefer Edition lind bisher zwei Bände erfchienen: Le opere di Giargio Vafari con nuove annotazioxii 
e ßommeuti di Gaetmza Älilrmeß, Firenze, G. C. Sanfoni, 1878.  Unkriiifchc italienifehe Literatur 
fpäterer Zeit: Fil. ßalzlinzzcri.' Notizie de' Profeffori del disegno da. Cimabile in qua, Firenze, 1681- 
1728.  1.. Lrznzi." Storia pittorica dell' Italia, Baffano, 1789. Ueberfetzt etc. v.  G. v. Qzuzmll, her- 
ausg. v. Ad. Wagner, 3 Bde. Leipzig 1830.  Giozx. [Pajlnir Storia della pittura italiana espofia cui 
monumenti, 7Bde. Text u. AtlilS Pifß 1839-1354.  Neuere kritifche Pbrfchung feit Car! Fried- 
Hrlz von Ifuvzolzr: Ital. Forfchungen, 3 Bände, Berlin 1827- 1831,  E. Fäzßer: Beiträge zur neue- 
ren Kunßgefchichte, Lffpzig 1835; Gefchichte der italienifchen Kilnflz, II. Leipzig 1870; Denkmäler 
der ifal. Malerei, Leipzig. Bd. I-III.  Sclmaafe, VII (2. Aufl.)  Crnwz und Czwzzlmfßllc, I. u. 
II.  F. Burclalzanll, Der Cicerone. III.  145111. Lüblee, Gefchichte der ital. Malerei vom 4. bis 
zum I6. Jahrhundert. I. Bund, Stuttgart 1878.  Urkunden und Briefe: G. ciella Vallv: Lcttere 
Sanesi, Venezia, 1782-4786.  Giowznni Gaye: Carteggio ineclito d'arti{l;i dei Secoli XIV, XV, XVI, 
3 Bde. Firenze, 1839 f.
	        
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