Das fpäte Mittelalter.
lextile Kunft,
Wandmalerei,
'l'afe1malerei.
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Holdfeligkeit, Elifabeth liebkoft das Chriftuskind, die übrigen Kinder, mit
Aepfeln, Büchern, Schiefertafeln, find von reizender Natürlichkeit der Auffaffung.
Auf den Flügeln fmd Chrifli Geburt und die Anbetung der Könige, wobei
Jofeph den Kindelbrei kocht, zu fehen. Nur die Fleifchtheile und das gold-
blonde Haar find farbig, in emailartig feiner Behandlung, alles Uebrige ift
golden, der Grund wie die Gewänder, die nur durch fchwarze Schraffirung und
eine matte Lafur zart abgedämpft find.
Unter den Arbeiten aus Süddeutfchland, befonders Baiern 1) fteht der Flügel- 1mm.
altar aus der Schlofscapelle zu Pahl bei Weilheim (München, Nationalmufeum) Altar aus
in erfier Reihe. Auf den Aufsenfeiten der Flügel fleht man die Madonna und Miiiiaäillän.
den Schmerzensmann, innen, auf Goldgrund und in noch feinerer Durchführung,
den gekreuzigten Chriftus zwifchen Maria und Johannes, auf den Flügeln Jo-
hannes den Täufer und die heilige Barbara. In den Köpfen waltet das edelfte
Schönheitsgefühl und befonders ift Marias Antlitz voll Reinheit und Tiefe des
Ausdrucks.
In Nürnberg 2) finden wir eine beftimmte Schulrichtung ausgebildet, die Nürnberg.
mit den eben berückfichtigten, namentlich mit der Kölner Schule, es an Zart-
heit und Süfsigkeit des Ausdrucks nicht aufnimmt, aber die Formen etwas
beffer durchbildet und mehr Fülle und Plafiik des Körpers zeigt. Auch die
Farbe ift hier eine andere, minder zart und leichtflüffig, vielmehr fchwerer im
Ton und warmbrätlnlich im Fleifche. Vier fchmale Altartlügel aus der abge-
tragenen Katharinenkirche in Nürnberg, jetzt im Berliner Mufeum, follen im
Jahre 1400 von der Familie Deichsler geftiftet worden fein3). Sie würden
uns in diefem Falle einen Anhalt geben, um die Entftehungszeit der ver-
wandten Arbeiten ungefähr beurtheilen zu können. Die Tafeln enthalten vier
ftatuarifche GePcalten in gefchwungener Haltung, Maria mit dem nackten Kinde,
dem fie eine Frucht vorhältß) Petrus Martyr und, etwas kleiner, unter gothifchcn
Baldachinen, Elifabeth und Johannes den Täufer. Die auffallende aber charakter-
volle Strenge diefer Arbeiten hat in den meiften übrigen, die der Zeit nach
folgen, fchon einer weicheren Gefälligkeit Platz gemacht, fo in dem Epitaph
des Paul Stromer 1406) in der Lorenzkirche, mit dem Erlöfer auf WVolken
zwifchen Engeln, welche feine Marterwerkzeuge tragen, und dem Epitaph der
Kunigunde Kunz Rymenfnyderin (1- 1409) ebendafelbfi, mit dem von
Maria und Johannes gehaltenen Leichnam Chrifti. Das vorzüglichfle Werk
diefer Zeit ift aber der Imhofifche Altar in St. Lorenz, von Kunz Imhoflmhßifcher
zwifchcn 1418 und 1422 geftiftet, denn er enthält die Wappen feiner drei erften Amt
Frauen, nicht aber das der vierten, einer Volkamer, die er 1422 freite. Auf
dem Mittelbilde thront Maria neben Chriitus, der ihr die Krone auffetzt; auf
den Flügeln fieht man zwei Apoftel und die Stifterfamilie, auf der Predella
Bruftbilder von Heiligen. Eine Beweinung Chrifti, welche einft die Rückwand
diefes Altarfchreins bildete, wird auf der Burg bewahrt. Bei gefattigter, leuch-
tcndcr und zart hagmonifchcr Farbe ift hier die lVlodellirtlng von überrafchender
I) Ucber Bilder aus Salzburg Vgl. Sigüar! in den Mitth. d. k. k. Centralcommifüon, 1866 S.
23 I3. von [feltbergt Nürnbergs Kunflleben in feinen Denkmalen dargeficllt. Stuttgart 1854.
3) vNach urkundlicher Nachrichtu, IIVaagÄen, Handbuch, I. S. 64.
4) Holzfchnitt bei Sclznaafß, VI S. 460.