Volltext: Die Malerei des Alterthums (Bd. 1)

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Zweites Buch. 
Periode. 
Dritter 
Abfchnitt. 
höchft flüchtig, in den untern Partien fogar roh ausgeführt ift. Naiv iPr die 
Epifode, in welcher der Chriftusknabe unter anderen Kindern, die mit dem 
Kreifel fpielen, zu lehren anhebt. Manche Scenen, wie die Anbetung der Könige, 
find gefchickt componirt und bei aller Handwerksmäfsigkeit des Vortrags fein 
in der Farbe. Sinnig ift Chrifti Lehrthätigkeit dargePtellt; er felbft, mild und 
fein verfländig im Charakter, redet von der Kanzel; in den Zuhörern offenbart 
fich dramatifches Leben. Da erhebt eine gegenüberützende Frau die Linke, 
um zu betheuern, dafs f1e überzeugt fei; ein Greis neben ihr zählt nachdenk- 
lich an den Fingern, drei Gegner aber raffen Steine vom Boden auf. Die 
Paffionsbilder {ind auch hier befonders roh; zuletzt folgt das jüngfle Gericht 
und die knieende Stifterfamilie, 
München. Die Münchener Pinakothek bewahrt 
51h.  die liebliche Geftalt der heiligen Veronica 
  mit dem Chnftusantlitze auf dem Schweifs 
Niinrllerg.     tuche,1) die Morizcapelle in Nürnberg 
   zwei grofse Tafeln mit den zarten Ge- 
    Halten der Heiligen Elifabeth und Barbara 
   i  auf rothem Grunde mit goldenen Sternen. 
     Unter den zahlreichen Bildern diefer Zeit 
Köhl"     im Kölner Mufeum, Paffionsfcenen, Dar- 
i  3:7     3-.   
  Prellungen der Kreuzigung, Heiligenge- 
    Halten, wollen wir Einzelnes nicht weiter 
F    erwähnen. Das köftlichfte der Sammlung 
  b,    ' aus diefer Periode ift ein kleines Trip- 
 ä  Ä    tychon: die Madonna mit der Bohnen- 
  I    j  blüte. Ihre Halbngur mit fchönem Gold- 
 ä     haar nimmt das Mittelbild ein; die Blüte 
A  5   hält fle in der Linken, auf der Rechten 
     trägt fie das nackte Kind, das, in Bewe- 
„  gung und Form höchft anmuthig, nach 
[iiTff-atl ihrem Kinne liebkofend emporgreift und 
   yiä?   l   i, in der ändern Hand wie zum Spiel einen 
 rßlßßßnzzya Rofenkranz hält (F ig. 117). Auf den 
Fig, 117. Madonna mit der Bohnenblüte, Flügeln erfcheinen die Heiligen Katharina 
Kölner Mufem" Nach photogmPhie- und Barbara, aufsen, flüchtiger, iPc ChriPci 
Verfpottung zu fehen. An Reinheit und 
Zartheit des Ausdrucks, minniglicher Süfsigkeit des Gefühles, holder Naivetät, 
feinem Gefchmack, der faft alle Unvollkommenheit der Form vergeffen läfst, 
und heiterer, fein verfchmolzener Färbung Pceht diefes Bild auf der Höhe der 
Schule. 
Der poetifche Sinn kommt ganz befonders in Madonnenbildern rein idyl- 
lifchen Charakters zur Geltung, für welche überrafchend anmuthige Situationen 
erfunden wurden, befonders in Gemälden, die nicht fowohl für Kirchen als 
Izgrillggehe für häusliche AAndacht gemalt fcheinen. Da iPrMaria nicht thronend und 
 feierlich dargellellt, fondern traulich fltzt _1"1e mit dem Kinde innerhalb eines 
mgraphi 
S trixner.
	        
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