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Zweites Buch.
Periode.
Dritter
Abfclmitl.
Wzlndbiltlei" Sichtlich italienifchen Charakters ift fodann die an die Wand gemalte Ma-
imläilieffim" donna mit dem Kinde, zu deren Seite Kaifer und Kaiferin knieen, in der
Karlllein. kleinen Katharinencapelle der Burg Karlftein. Daffelbe gilt mit einiger Ein-
fchränkung auch von dem grofsen Wandbilder-Cyklus im Kreuzgange des von
äloflcr Karl IV. gegründeten Slavenklofters St. Hieronymus oder Emaus. Eine
1523;" Infchrift aus der Zeit der letzten Reflauration gibt als Datum der Vollendung
das Jahr 1343 und der verfchiedenen Herftellungen die Jahre 1412, 1588, 1594
und 1654 an. Aber jenes erfie Datum ift fchwerlich zuverläfflg, da die Weihe
des Klofters erit 1372 fiattfand. Die 26 Wandfelder an den vier Seiten ftellen
den Inhalt der chriftlichen Lehre nach Art der Biblia pauperum dar: auf jedes
Bild aus der Gefchichte Chrifti find, als Vorbilder diefes Ereigniffes, mcift zwei
Bilder aus dem Alten Teitamentebezogen, fo auf Marias Verkündigung Mofes
vor dem Dornbufche und Gideon mit dem Felle, auf Chriiti Geburt Jeffe und
Aaron mit blühenden Stäben. Auf dem 24. Felde iit die Wandüäche nicht
getheilt, fondern durch einen reichgegliederten Bau eingenommen, der das Ge-
häufe für die Vorgänge bildet und gewiffermafsen der rnehritöckigen Bühne
der mittelalterlichen Myfterien gleicht. In der Mitte entfteigt Chriftus der Vor-
hölle, Während die Erzväter ihm folgen, rechts in der Landfchaft erblickt man
die Kreuze auf Golgatha, zwei find leer, an einem hängt noch der Schächer.
Links werden durch eine Pforte des Baues Adam und Eva aus dem Paradiefe
vertrieben. Oben empfängt Gott Vater den Abraham. Wie diefe, fo gehören
auch die beiden nächftfolgenden Bilder der Südwand zu den am beften er-
haltenen. Auf dem 25. erfcheint oben Maria mit dem Kinde, der Schlange den
Kopf zertretend, zwifchen zwei Engeln. Unten find als Vorbilder David mit
dem Haupte des Goliath und Judith mit dem Haupte des Holofernes dargeiiellt.
Diefe fitzt feierlich auf einem Throne und ift von edlen Frauengeilalten um-
geben. An würdevoller Anordnung wetteifert mit diefer Scene das 26. Feld,
deffen Compofltion wieder eine einheitliche ifi. Da thront einerfeits die Sibylle
andererfeits Kaifer Octavian, zwifchen ihnen fteht der Friedenstempel, eine
gothifche Kirche, etwa dem Dome zu Prag ähnlich, und in der Höhe erfcheint
die Madonna auf dem Halbmonde, auf welche die Sibylle hinweift.
Schnaafe glaubte in diefen Bildern Züge italienifcher KunPr, etwa der Schule
Giotto's zu erkennen, aber gerade die Gewandbehandlung, auf die er {ich be-
rief, zeigt nichts von Giottds Anordnung in grofsen Maffen, fondern ift fanft
Iliefsend und dabei fchwungvoll; die Gefichter haben nicht Gi0tto's eckige
Bildung, fondern find von einem vollen Oval, nur die zarte Empfindung des Aus-
drucks, die fchmalen, doch fchön gefchnittenen Augen erinnern an italienifchen,
namentlich fienefifchen Stil, ebenfo wie die früher erwähnte Madonna in der
Katharinencapelle. Jedenfalls hat Schnaafe aber mit der Bemerkung Recht,
dafs {ich hier mit den italienifchen Zügen auch andere mifchen. Schon die
gemalte Architektur, in der wir Reproductionen deutfch-gothifcher Bauwerke
gefunden haben, kann kaum von einem Italiener fo gemalt worden fein.
Iäägghc Auch deutfche Künftler aus der Ferne hatte Karl IV. in feinen Dienften.
Zwei Urkunden aus den Jahren 1359 und 1360 beziehen fich auf den Maler
Wlgicoljaus und Familiaris des Kaifers Meiiter Mkolazzs, genannt VWzrmfer, von Strafsburg;
srrreiisgiirvgiin die erfte gibt ihm das Recht zu teftiren, das Fremden nicht zuftand, die
zweite gewährt ihm Abgabenfreiheit von einem Hofe im Dorfe Mortfchin bei