Volltext: Die Malerei des Alterthums (Bd. 1)

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Zweites Buch. 
Periode. 
Dritter Abfchnitt. 
Heldinnen aus dem Alterthume fowie aus der Liebesgefchichte von Triftan 
und Ifolt erwähnt.  
Ehingifhog Rette folcher Malereien, zu welchen die ritterliche Dichtung den Stoff ge- 
liefert, enthält der Ehinger Hof, ein Patricierhaus in Ulm. Anderes in 
Häufern zu Conftanz und Winterthur ift untergegangen und nur durch 
Nachbildungen oder Befchreibungen bekannt. Noch fmd aber, wenn auch in ver- 
Runkelßein- wahrloitem Zuftande, die Wandmalereien in Schlofs Run kelftein bei Bozen l) 
übrig, wahrfcheinlich aus der Zeit einer Erneuerung der Burg, als diefelbe im 
Jahre 139! in den Befitz der Brüder Vintler übergegangen war. Ein Gemach 
zeigt Herren und Damen höflichen Standes bei Reigen und Ballfpiel. In einem 
anderen fltzen oder Pcehen, je zu dreien, die gröfsten heidnifchen Helden 
Hector, Alexander, Cäfar, die jüdifchen Helden jofua, David, Judas Maccabäus, 
die beften chriftlichen Könige Artus, Karl der Grofse, Gottfried von Bouillon, 
die beften Ritter Parcival , Gawan, Iwein, die drei edelilen Liebespaare Wil- 
helm von Oeiterreich mit Aglei, Triftan und Ifolt, Wilhelm von Orleans und 
Amelei, hierauf die drei bellen Schwerter in der Hand der Recken, die fie 
führen: Dietrich von Bern mit Sachs, Sigfrid mit Balmung, Ditlieb von Steier 
mit Weisung; die drei ftärkften Riefen Asperan, Otnit, Struthan, die drei 
ungeheuerften Weiber Hilde, Vodelgart, Frau Rachin. Beffer als alles Uebrige 
find dann aber die einfarbig grün mit weifsen Lichtern ausgeführten Bilder 
aus G0ttfried's Triftan und Ifolt in einem Saale, reiche Gruppen, die fieh un- 
gezwungen aneinander reihen bei leiehter Andeutung der Scenerie durch Land- 
fchaft und Gebäude, in der Handlung aber etwas läffig und unentfchieden. 
In der gleichen Technik waren die kaum mehr kenntlichen Kaiferbilder in 
der unteren Laube gemalt. Endlich fchliefst {ich in einem anderen Gemache 
noch ein Bildercyklus aus dem Gedichte von Garel im blühenden Thale an. 
Ein Gefchlecht, deffen Phantafie von der Dichtung genährt und mit ihren Ge- 
{talten vertraut war, wollte deren Gegenftände, Ritterleben, Minne, Kriegs- 
thaten, Kurzweil, dörperlichen Scherz, im eigenen Haufe" täglich vor Augen 
haben.  
Teppiche. Die gleichen Gegenftände kehrten "dann auch in der textilen KunPc wieder. 
Niederdeutfche Teppiche des I4. Jahrhunderts mit Darfiellungen aus TriPcan 
und Ifolt lind im Dome zu ErfurtQ), im Klofler Wienhaufen (Hannover) 3) 
erhalten. Eine grofse Folge geftickter Teppiche in farbiger Wolle auf Lein- 
wand befindet {ich im Rathhaufe zu Regensburg. Eine Reihe enthält auf 
rothem Grunde mit phantaftifchen Thieren Medaillons mit Minnefcenen: das 
Paar auf der Jagd; den Cavalier und die Dame, die {ich gegenfeitig Kronen 
und Herzen fchenken; die Frau Minne, die auf den Liebenden ihren Pfeil ab- 
fchiefst oder ihn an den Haaren zauPc; das belaufchte Stelldichein Trifians und 
der If0lt4). Ein anderer Teppich Pcellt die Burg der Tugenden darf, gegen 
I) 7. V. Zingerle, Fresken-Cyclus des Schloffes Runkelßein bei Bozen, gez. von Y. Sßcfox. 
Innsbruck (1859). Eine neue Aufnahme ift von der k. k. Centralconmxiuiffion gemacht werden. 
2) A. 11. Eye, Anzeiger f. Kunde d. d. Vorzeit, 1866, I4 ff. mit Abbildung. Vgl. II. Lmlmgj 
in der Germania XI, S. 493. 
3) [llitlmß Archiv für Niederfachfens Kunügefchichte, II. 6. 
4) Siglzart, S. 414; lfeßzer-Üzzerk, Trachten, Tf. 100; vgl. Germania, 1878. S. 276.
	        
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