Die ägyptifcl
me Malerei.
S0 beflätigen diefe Papyruszeichnungen und Malereien, die uns über Dar-
ftcllungsweife und Stil nur wenig neue Auffchlüffe geben, unfere Anficht von
der Manniehfaltigkeit des Inhalts der ägyptifchen KunPr. In der That fchreckten
die Künfiler Misraims vor keiner Aufgabe zurück. Was {ie fieh vorftellen
konnten, erfchien ihnen auch darilellbar.
Der geifligen Bedeutung nach aber geht die überwiegende Mehrzahl diefer (äeifligcr 151.61
ägyptifchen Flächendarflellungen nicht über die Zwecke einer Bilderfchrift Lägljqiltriigcheiil
hinaus. Wo einzelne Buchflaben, ja einzelne Worte der Schrift durch Abbilder Inder"
wirklicher Gegenflände gegeben wurden, da lag es nahe, auch ganze Erzählungen
und Berichte in gröfsere bildliche Darftellungen zufammenzufaffen. Diefen
chronikartigen Charakter hat die ägyptifche Malerei {ich Prets bewahrt. Zu
einer künftlerifchen Freiheit und Selbiländigkeit, zu welcher ihr freilich auch
alle Vorkenntniffe fehlten, vermochte fie nicht durchzudringen, nachdem fie
einmal die Naturwahrheit, die wenigftens die ältefte ägyptifche PlaPcik zeigt,
aufgegeben und üch in die Feffeln des Kanons hatte fchlagen laffen. Ein nflreng,
keufch und forgfam erzogenes Kinda nennt Lepfius die ägyptifche Kunfl.
Mündig in der That ifi fie nie geworden. Das Netz prieflerlicher Vorfchriften,
welches alle Lebensregungen Aegyptens umfpannte, machte auch ihr jeden
felbfländigen Schritt unmöglich, und wo der künfllerifchen Individualität fo
jede Flugkraft gelähmt war, da ifl es nur natürlich, clafs auch kein künftlerifches
Individuum aus jener Maffe auftaucht, dafs es keinen namhaften ägyptifehen
Maler, dafs es keine Künftlergefchichte des Nilreiches gibt.