Das
fpäte Biittclaller
Wandmalerei,
Tafelmalerei.
texlile Kunfl,
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felbft mit "wir", im Plural der Majeität, redet, in vornehmer Ironie dem ant-
wortet, der ihn zur Rede ftellt, und wie ein Fatum über den Menfchen waltet.
Hier berichtet der Tod an einer Stelle, dafs er in Rom an einer Wand ge-
malt zu fehen fei, auf einem Ochfen reitend. Diefe Darfiellung haben wir
bereits in einer Bilderhandfehrift des 14. Jahrhunderts kennen gelernt 1). Unter-
deffen aber hatte fchon die Perfonification des Todes in Literatur und bild-
licher Darftellung eine andere Form angenommen; ftatt eines Todes erfcheint
eine Mehrheit von Todten, die den Lebenden als ihre eigenen Spiegelbilder im am
gegenübertreten. Bis in das I3. Jahrhundert geht die franzöfifche Dichtungzrlägiegräm]
Das Gefpräch zwifchen den drei Todten und den drei Lebenden (Les dis des Lcbmdm"
trois morts et trois vifz) zurück.- Jene erfcheineinden Lebenden um ihnen
vorzuftellen: „Was ihr feid, das waren wir, was wir find, das werdet ihr,"
und daran knüpft fich dann die fromme Mahnung an die Vergänglichkeit
alles Irdifchen. Bilder diefes Inhaltes lind uns fchon in Handfchriften des
.14. Jahrhunderts entgegengetreten 2), kommen aber auch in Wandmalereien
derfelben Zeit vor, wie zu Ditchingham und zu Haftings in England 3), England.
in Deutfchland aber in der Thurmhalle der Kirche zu Badenweiler4). Wäh- Badenwciler.
rend die übrigen Theile des Raumes mit religiöfen Bildern decorirt waren,
nahm diefe Darftellung die Nordwand ein, auf einfarbigem Grunde und mit
höchfter Einfachheit der Motive. Die drei Könige fcheinen {ich den Todten-
geitalten gegenüber, nach dem feinen Ausdruck Lübke's, fanft ablehnend zu
verhalten. Die künfilerifchen Eigenthümlichkeiten des 14. Jahrhunderts, die
milden, fchüchternen Köpfe, die fanften Bewegungen, der Hiefsende Falten-
wurf, treten deutlich hervor, und ebenfo ift die Tracht diefer Zeit in modi-
f ehem Gefchmack, mit den halbgetheilten, fogenannten Miparti-IQleidern kenntlich.
Eine Darftellting deffelben Gegenftandes, auf welcher die Todten gekrönt find,
die Lebenden zu Pferde und mit Gefolge erfcheinen, kommt in der Hauptkirche
zu Zalt-Bommel in der Provinz Geldern vor 5). Die eigentlichen Todtentänze Niederlande.
lind dagegen erft fpäter nachweisbar.
Immer wieder brach aber neben dem düfteren Bangen die kecke Lebens- Burgwuud
"luft der Zeit, ihre forglofe Ueppigkeit, Sinnlichkeit und Feitltiit hervor. Ein Haufen
befonderes Intereffe gewährt in diefer Hinficht, wie die Illumination der
I-Iandfchriften von ritterlichen Dichtungen, fo auch der Wandfehmuck der
ritteruCh-Cn Behaufungen, Burgen, Prädtifchen Patricierhäufer. Niemals ward
hier auf die Wandmalerei verzichtet, fobald nicht der koftbare Teppichfchmuck
Vorgezogen wurde, und auch das Stoffgebiet der Bilder war ein eigenthüm-
liches. Aus den Schilderungen Chaucer's geht hervor, dafs es in England,
wo diefe Decoration der Burgen nicht minder üblich war, keine Lady gegeben,
die nicht Bilder von Reitern, Falken und Hunden an der Wand gehabt, und
in dem Gedichte „The assemble of soules" werden Bilder von Helden und
l) Vgl. oben S. 351.
2) Vgl. 353, 365.
3) Archaeological Journal 1343 69 f. Abbildungen.
4) Schlecht erhalten; entdeckt von Lüäke; vgl, (leffell Auffatz: Allgemeine
265 f. (23. u. 24. September).
5) Michiels, Hifloire de 1a peinture Hamanäe. 2. ädit. II, 3.19.
Beilage,
Ztg-s
1866