384
Buch.
Zweites
Periode.
Dritter
Abfchnitt.
einige Künftlernamen erhalten, die Werke felbft aber find bis auf Unwichtiges
zugrundegegangen, und zwar das Gemalte Zimmer (Painted Charnber) in
Weftminfter aus Heinrichs III. Zeit ebenfo. wie die wichtigfle Leiilung des
I4. Jahrhunderts, die unter Edward III. in der Stephanscapelle ebendafelbit
während der Jahre 1350-1358 ausgeführten Malereien. Von diefen geben feit
ihrer Zerftörung im Jahre 1834 nur noch ältere Aufnahmen 1) einen Begriff.
Innerhalb einer gemalten Architektur waren Engel, Heilige, Scenen aus der
Kindheit Chrifti, die Gefchichten von Hiob und Tobias, endlich das ganze
Qäxlfäänkönigliche Haus dargeftellt. Die Auffaffung bewegte fich zwifchen den Ex-
tremen gewaltfamer Bewegung und füfslicher Zierlichkeit. Unter den Künftlern,
die erwähnt werden, kommen neben Engländern auch Fremde vor, Italiener,
wie im 13. Jahrhundert Willielanzzs Florezztinzzs, Deutfche und Franzofen. Die
beiden wichtigften Tafelgemälde, die während des 14. Jahrhunderts in England
entftanden und uns erhalten find, rühren von italienifcher und zwar wahr-
fcheinlich von fieneiifcher Hand her: das grofse, neuerdings von feinen Ueber-
malungen wieder befreite Bildnifs Richards Il. in ganzer Figur, aufbewahrt
in der Deanery zu Weftminiterä), und das Diptychon deffelben Königs in
Wilton House (Sammlung des Earl of Pembr0ke)3).
Dcutfchland. In Deutfchland find die Refte der Wandmalerei erheblich zahlreicher
als in anderen Ländern dieffeits der Alpen. Die derbe Behandlung und breite
Vortragsweife, welche die deutfchen Maler diefer Periode anfangs fogar in den
Miniaturen zeigen, ift für die decorative Malerei beffer am Platze. Wenn in
gröfseren Domen franzöfifchen Stiles, wie im Kölner, für Bilder auch kaum
andre Stellen als die Chorfchranken übrig blieben, fo gewährten doch folche
Kirchen, in denen das franzöfifche Princip minder ftreng durchgeführt war, noch
eher die erforderlichen Flächen für Malereien, etwa an den gefchloffenen unteren
Technik. Wänden des Querhaufes. Auch die Kappen des Gewölbes wurden öfter mit
Hgürlichen Darftellungen gefchmückt. Dabei wurde freilich oft eine Technik
angewendet, welche die Bilder einem fchnellen, ficheren Untergange preisgab:
die Malerei auf Quadern ohne Bewurf. Eher konnten {ie (ich da erhalten, wo
ein beworfenes Bruchfteinmauerwerk die Unterlage bildete, und daher find die
Ueberbleibfel in kleineren ländlichen Kirchen, Kreuzgängen, Capellen, Schlöffern
und Bürgerhäufern am häufigften.
P2351132, Es kann der Topographie und Kunftgefchichte beftimmter Orte und Land-
fchaften überlaffen bleiben, auf das Einzelne einzugehen, das trotz Verwit-
terung und Uebertünchung auf uns gekommen ift, denn die allgemein kunft-
gefchichtliche Bedeutung diefer Arbeiten ift meiPr eine höchlt befcheidene.
Der Charakter kirchlicher Feierlichkeit und erhabener Strenge, welchen die
Wandmalerei romanifchen Stiles erreicht hatte, tritt jetzt bei der weicheren
Bildung, der Neigung zum Zierlichen zurück. Ein ftärkerer Ausdruck der
Empfindung kann bei der fchlichten, decorativen Behandlung nicht hinreichend
zur Geltung kommen. Die leifen Anfänge realiftifcher Auffaffung, die fpäter
I) Some account of the collegian chapel of St. Stephen Weftminfler publ. by the Society of Anti-
quarians, 2. edit. London 1811.
2) Genug: Srlmaf: Observations on fhe Westminster Abbey Portrait of King Richard II, Fine
arts Quarterly Review, 1867, mit Abbildung.
3) Waagen: Treasures, III S. 150. Gefiochen, doch nicht charakterifiifch, von Wanze! Hallar.