Volltext: Die Malerei des Alterthums (Bd. 1)

fpäte Mittelalter. 
Das 
Glasmalerei. 
Die 
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Glasbilder aus Regensburg im Baierifchen Nationalmufeum zu München er-  
wähnen wir nicht mehr im Einzelnen. In Frankreich finden wir diefen archi- Frankreich 
tektonifchen Stil des I4. Jahrhunderts gelegentlich in den Kathedralen zu wllrihrh- 
Beauvais, zu Evreux, noch häufiger aber in den gröfseren Domen des 
Südens, denen zu Limoges, Narbonne, Carcasonne." Damals verlor die 
Glasmalerei zugleich ihre wefentlich kirchliche Befiimmung und fetzte fich immer 
mehr in den Schlöffern und bürgerlichen Wohnhäufern feft1). 
In der erften Hälfte des I4. Jahrhunderts waren aber auch technifche Fort- äiiäiäfictlz: 
fchritte eingetreten. Zunächft hatte man neben dem Schwarzloth noch eine  
zweite Schmelzfarbe, mit der fich auf Glas malen liefs, gefunden, das Silber- 
gelb, das in mäfsiger Anwendung auch fchon in Königsfelden vorkommt. Da 
man aufserdem jetzt die technifche Fähigkeit befafs, gröfsere Glastafeln als Grifaillen. 
früher herzuftellen, konnte man das bisherige wefentlich mufivifche Verfahren 
fallen laffen, wenn man nur grau in grau, mit kräftiger Schattirung und auf-  
gefetztem Gelb malte. Beifpiele fmd das im Jahre 1329 von dem Canonicus 
Thierry geftiftete Fenfter in der Kathedrale von Chartres, und dasjenige 
mit dem knieenden Stifter Bifchof Giefroy, offenbar Geoffroy III. de Fae 
(1334-4340), in der Kathedrale von Evreuxz). Die Wirkung ift dann aber 
zu plaftifch und nicht fo harmonifch. 
Im I5. Jahrhundert wurden noch andere technifche Vortheile gewonnen, 15.1.11"- 
befonders eine dritte Farbe, ein Fleifchton, welcher der Modellirung der Köpfe hundert 
zu gute kam. Dazu kam die Erfindung der Ueberfanggläfer. Hatte man Ueberfang- 
fchon früher verftanden, eine rothe Glastafel über eine farblofe zu legen, fo gmer" 
erreichte man jetzt eine weit gröfsere Mannigfaltigkeit durch Doppelgläfer von 
verfchiedener Farbe, man fchliff ferner die obere Tafel ftellenweife aus, füllte 
fie dann mit gefchmolzenem Glafe von anderer Farbe und verftand endlich 
auch, einer Glastafel beiderfeits dünne Schichten von verfchiedener Farbe an- 
zufchmelzen. 
Diefe technifchen Fortfchritte entfprechen jetzt einem entwickelten maleri- Malgiglrche- 
fchen Gefühle; die Tafelmalerei übte ihren Einflufs auf die Glasmalerei, die  
nicht mehr einfah, dafs ihr eine ganz verfchiedene Aufgabe zufalle. Man 
fcheute nicht mehr den Figurenreichthum in der Compofition, die Abftufung 
der Pläne, den Verfuch perfpectivifcher Darftellung in der Architektur, Während 
das alte Syftem der Randverzierung mehr und mehr zurücktrat. Diefer Periode 
gehört bei weitem die Mehrzahl aller Glasmalereien an, die wir in den ver- 
fchiedenen Ländern befitzen. So trat die Glasmalerei in das neue Kunftleben 
des 16. Jahrhunderts ein, fchritt technifch noch immer fort, lernte die An- äfgnägfä- 
Wendung des Diamantes zum Schneiden des Glafes, fand neue Schmelzfarben 
und reproducirte gefchickt die Erfindungen der Maler, unter denen oft 
Meifter erften Ranges für {ie zeichneten. Aber das Gefühl für den eigen- 
thümlichen Stil, welchen diefe Technik verlangt, war jetzt verloren. In den 
Städten der deutfchen Schweiz blühte die Cabinetsmalerei, welche Wappen- 
bilder mit Heiligen oder mit profanen Geftalten als Schildhaltern zum Schmucke 
von Kirchen, Rath- und Zunfthäufern anfertigte und fogar nach den Vifirungen 
ducs 
I) Zahlreiche urkundliche Notizen bei De Lalmnle, Les 
2) Ausser Laxtejrvßie auch Lrzlwarle Taf. 96. 
Bourgogne. 
de
	        
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