Mittelalter.
fpäte
Das
Die Glaslnalerei.
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Die franzöfifche Schweiz, zu Burgund gehörig, war, wie in der Bau- Frqnzijfifchc
kunft, fo auch in der Glasmalerei von Frankreich abhängig, was die Rofe im Schweiz"
füdlichen Kreuzarme der Kathedrale von Laufanne, das Einzige, was die
Reformation dort übrig gelaffen hat, bekundet. Die im Mittelalter beliebte Dar-
itellung des Zeit- und Weltkreifes, die wir auch fonft, in Miniaturen und be-
fonders in italienifchen Mofaikböden, kennen gelernt, ift hier in das Fenfter
übertragen. In centraler Anordnung erfcheinen die Monate, die Zeichen des
Thierkreifes, Sonne und Mond, die Jahreszeiten, Paradiefesi-lüffe, Winde, die
Fabelwefen, die man fich als Bewohner fremder Welttheile dachte 1).
In England enthalten befonders die Kathedralen von Salisbury, Lin- England.
coln, York Glasmalereien im entwickelten gothifchen Stile.
In Deutfchland find die Fenfter reinen Stiles aus der Gothik des I3. Jahr- neutral-
hunderts nicht häufig. Diejenigen im Chore der Elifabethkirche in Mar- lud"
burg, aus Fragmenten reftaurirt, find überwiegend ornamental2). In der
Abteikirche zu Alpirsbach im Schwarzwalde find ein paar RePce von dem
Mittelfeniter des gothifchen Chores übrig3), Von befonderer Schönheit find
zwei Abtheilungen eines Fenfters aus der Stiftskirche zu Wimpfen im Thale,
jetzt im Mufeum zu Darmftadt, mit Gegenüberftellung von Vorgängen aus dem
Alten und dem Neuen Teftamente, wie mit dem aus dem Phyfiologus ge-
fchöpften rnyftifchen Bilde des Löwen, der feine Jungen durch feinen Hauch
belebtl). Die fchmalen Chorfenfter mit Heiligengeftalten in der St. Floren-
tiuskirche zu Niederhafslach im Elfafs gehören noch der Zeit vor dem
grofsen Brande im Jahre 1287 an Endlich ftammen einige unter den Fenftern
des 1291 vollendeten Kreuzganges im Stifte Klofterneuburg bei Wien mit
biblifchen und legendarifchen Scenen noch aus dem Abfchluffe diefer Periode ü).
Mit dem Anfange des 14. Jahrhunderts erfährt die Glasmalerei eine ein- 1443i".
fchneidende Wandlung des Stiles, die aber nicht von einer Veränderung der hmim
Technik, fondern von einem neuen clecorativen Gefühle beftimrnt wird. Der
Augivalftil, der ganz von der Conftruction ausgeht und aus ihr heraus alle Neiies
Formen entwickelt, hatte feine höchfte Ausbildung erreicht und fein Princip lääßäiäüiif
in vollfter Confequenz durchgeführt. Wie, abgefehen von dem Laubwerke,
das nicht mehr organifch mit den architektonifchen Gliedern zufammenhängt,
fondern bei völlig realiftifcher Behandlung nur wie ein äufserlich angehefteter
Schmuck erfcheint, die gefammte Ornamentik des gothifchen Stiles nur eine
Wiederholung der Conüructionsformen im Kleinen ift, fo gewann das gemalte
Abbild diefer Architekturformen nun auch in der Decoration der Fenfter das Aräliificrälälo-
Uebergewicht. Unter der Herrfchaft des bisherigen Teppichftiles hatte die Gliederung-
Malerei des Fenfters zu deffen architektonifcher Theilung einen wohlthuenden
I) Kahn, Schweiz S. 566, mit Abbildungen. Von den 61 Bildern nur 40 erhalten; vieles nicht
Zugehörige, wenn auch Alte, eingeflickt.
2) G. Maller." Denkmäler der deutfchen Baukunfi, II. Taf. I6.
3) 18. Stillfriezl: Alterthümer und Kunlldenkmale des erlauchten Haufes Hohenzollern, 2 Bcle.,
Berlin 1859, 1867.
4) F. f]. Zlliillert Beiträge zur teutfcheix Kunfi- und Gefchichtskunde, Taf. I8.
5) Strauß: Analyfe des vitraux de Pancienne collegiale de Haslach et de Pancienne abbaye de
YVaIbourg. Caen 1860.
6) Pilbliclrt von Canzejina im Jahrbuch der k. k. Cexltralcommiflion, II.