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Zweites Buch.
Periode.
Erfter Abfchnitt.
nicht fchöner wiederfinden werden. Feines Gefühl für Proportionen, itilvolle
Gewandung und eine Farbenlufi; voll Harmonie und Frifche gehen durch;
mitunter iPc das Teppichmufter des Hintergrundes fchon durch Landfchaft
verdrängt.
Oxford. Ein Buch gleicher Gattung in Oxford 1), nach Infchrift 1407 vollendet, ge-
hört ebenfalls zu den fchönften diefer Richtung, ebenfo ein diefem verwandtes
Gebetbuch, das Waagen im Befitze des Grafen von Sant-Mauris, fpäter des
Grafen Baiiard, zu Paris gefehen 2). Vielleicht das prächtigiie unter allen fran-
(llelibllqigigälgs zölifchen Gebetbüchern befitzt endlich der Herzog von Aumale 3). Diefe Schule
von Aunwle- zeigt {ich hier auf der höchfien Stufe ihrer Ausbildung, ehe der confequente
Realismus der fpätern Flamänder eine neue Wendung herbeiführte. Das Vor-
kommen der auf Ourfine bezüglichen Embleme, Bär und Schwan, beweift, dafs
es auch für den Herzog von Berri angefertigt worden, aber in der letzten
Zeit deffelben, fo dafs es bei feinem Tode (1416) noch nicht vollendet war,
und zahlreiche Bilder durch das ganze Buch hin erfi; von einem Maler aus
der zweiten Hälfte des I 5. Jahrhunderts hinzugefügt worden find. Daher iPc
die Vermuthung 4) gerechtfertigt, dies fei das im letzten Inventare des Herzogs
aufgeführte Fragment: nPlusieurs cahiers d'une tres riches heures que faisait
Pol de Lzänöourc et ses freresu im Werthe von 500 Livres tournois. Die
Monatsbilder, von welchen die Mehrzahl noch der urfprünglichen Zeit ange-
hören, haben {ich hier bereits zu dem entfaltet, was (ie in der folgenden
Epoche find, zu grofsen, {igurenreichen Genrebildern, die ganze Seiten füllen.
Beim Januar fitzt der Herzog bei Tafel. Auch die Landfchaften, felbfi die
Winterlandfchaft beim Februar, zeigen fchon ein entwickeltes Gefühl für folche
Aufgaben.
Boccaccio, Merkwürdige Bücher anderen Inhaltes find endlich eine franzöiifche Ueber-
Vatmneh fetzung des B0 ccaccio im Vatican (Ottobon. 1262), 1414 für Karl VI. beendigt,
Chrlijfärll: de mit einer Vignette für jede Novelle, und die Gedichte der Chriitine von
Londob. Pifan im British Mufeum (Harleian 4431), nach dem Dedicationsbilde für eine
Königin von Frankreich gemalt, die von fechs Hofdamen umgeben thront,
während die Dichterin ihr knieend das Werk reicht. Hier kann man Darfiellun-
gen aus der claffifchen Mythe nach der Mode der Zeit fehen. Polyphem iPt
ein nordifcher Riefe, Jupiter tritt mit der Kaiferkrone, Apoll als eleganter
Cavalier auf, wie er der in Verwandlung begriffenen Daphne einen Lorbeer-
zweig abbricht; Fortuna dreht das Glücksrad, Galatea, wenn auch halb im
Waffer, trägt höfifche Tracht. Die Gründe {ind hier fait noch immer gemuitert.
Mehrere Kampffcenen lind ziemlich lahm gerathen.
2213211211321; Entwürfe für Miniaturen fcheint das Skizzenbuch des Meiiters ffacgzzes
Dggiriliäss, Daliwes 5) in der Berliner Bibliothek zu enthalten, beitehend aus zwölf Holz-
täfelchen, worauf biblifche DarPcellungen und verfchiedene Studienköpfe, mit
1) Bodleian Library, Douce 144.
2) Handfchriftiiche Notizen. Eine wohl nicht richtige Notiz bei De Labarda, I, S. CXXI,
an, dafs es jetzt in Berlin fei.
3) Waagen Suppl. (Treasures IV) S. 248.
4) Srhrzaafe VI. S. 545 Anm. Waagen bezog die Stelle auf die vorgenannte Handfchrift.
5) Sclmaafe V1. S. 540 bezweifelt diefe Lesart; es fcheint aber keine andere möglich.
genügend lithographifch publicirt, Berlin, Duncker und Humblot, 1830.
gibt