Volltext: Die Malerei des Alterthums (Bd. 1)

fpäte Mittelalter. 
Das 
Miniaturmalerei. 
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David, in feinem Gemache fitzend, zeigt auf feine Stirne, während Chriftus 
oben erfcheint (Dominus illuminatio mea); er betet zu Gott (Dixi custodiam 
vias meas); nackt ragt er an felfiger Küfte auf dem Waffer und fleht zu dem 
Herrn (Salvum me fac); David fchlägt das Glockenfpiel (Exultate); drei 
{ingende Prieiler (Cantate); Gott Vater und Chriftus, beide einander gleich 
und blau gekleidet auf dem Throne, zwifchen ihnen die Taube, die ein Engel 
ausfendet (Dixit dominus domino meo). Das beile Bildchen aber iil der 
Narr (Dixit insipiens), der faft unbekleidet dafteht, in einer Hand den Kolben 
fchwingend, mit der andern ein Brot zum Munde führend, im Kopfe äufserfl 
zart, in der Stellung höchft lebendig, mit landfchaftlichem Beiwerk, über dem 
nur ein Teppichmuiter den Himmel vertritt. 
Noch prächtiger ift das fogenannte Grofse Gebetbuch des Herzogs, Leigrandcs 
nach FlamePs Bemerkung erft 1409 vollendet und offenbar identifch mit einer eures 
in dem Nachlaffe diefes Fürften inventarifirten Handfchrift, die auf 4000 Livres 
tournois gefchätzt wurde und Bilder von Facgueßzamf von Hesdm enthielt 1). 
Unfere Abbildung (Fig. 106) zeigt die anmuthig aufgefafste Geburt der Maria 
(B1. 28) mit dem Bade des Kindes in einem perfpectivifch bereits nicht übel 
gelungenen Gemache, das fpätgothifche Arcaden vorn vergittern, und fie gibt 
zugleich einen Begriff von der reizenden Ornamentik der Ränder 2). In den 
graziöfen Ranken macht das Dornblattmufter bereits kleinen bunten Blümchen 
Platz; Vögel und hie und da Schmetterlinge von vollendet zarter Ausführung, 
in der {ich der erwachende Naturalismus ankündigt, fxtzen auf den Zweigen 
oder flattern umher. Am Anfange der Hauptabfchnitte kehren ftets, wie hier, 
die warmes et devisesu des Herzogs auf kleinen Schilden wieder: das Lilien- 
wappen, die BuchPcaben VE, auf den Beinamen Ourfine (Urline) bezüglich, den 
der Herzog feiner Gemahlin, jeanne de Boulogne et d'Auvergne, gegeben, 
dann die Embleme Bär und Schwan als Rebus deffelben Namens (ours, cygne), 
mitunter auch die Devife nlC temps venraa. An anderen Stellen, denn felbft 
alle Textblätter haben verzierte Ränder, ift für reizende Engelchen an den 
Umrahmungen und für köitliche Dröleries Raum, etwa für einen Affen, der als 
Arzt das Waffer befchaut, einen zechenden Mönch, der vierfüfsig endigt, 
einen Bifchof, der einen Blafebalg als Mitra trägt und unten in eine Beftie 
ausläuft (Fig. 107). 
Beachtenswerth {ind endlich auch die Randilluftrationen des voraufgehen- 
den Kalenders. Oben erhebt fich bei jedem Monate ein ilattlicher Bau, auf 
I) Les grandes heures du duc de Berri. Paris, bibl. nat. lat. 9x9. Abbildung bei Silwslre, 
Pal. univ. III.  Die Inventarnotiz, wie fie Waagen, Künftler und Kunßwerke in Paris S. 339, gibt, 
hat der Graf Dß Laäordc (Lcs ducs de Bourgogne, II. T. I p. CXXI Anm.) nach dem Verzeichniffe 
des Nachlaffes (1416) berichtigt: vItem unes tres belles heures tres richement enluminees et hystoriees 
de 1a main Jaquemart de Odin et par les quarrefors des feuillezlen pluseurs lieux faictes des armes 
et devises de MSJI u. f. w.  iVaagelm, der aus einer andern Quelle fchöpfte, gibt noch eine Notiz 
über den Inhalt, die vollßändig mit_diefe1n WVerke Rimmt: vLes heures de notre d2nne,u dazu acht 
Bilder aus der Marienlegexide; vleS septs PSaUlUCSh, (15111 David; D165 heures de 1a croix et du saint 
espritu, dazu Chrißus am Kreuze zwifchen Maria und Johannes und die Ausgiefsung des Geifles; 
vde 1a passion et du saint esprit encoreu, dazu neun Paflionsfcenen und nochmals die Ausgiefsulmg 
des heiligen Geiiles. Dann {lud die thronende Dreifaltigkeit und einige auf Petrus bezügliche Bilder 
zu fehen, zuletzt die Todtenmeffe, "Poffwe des mOrlsa. 
2) Vgl. auch Fig. 105, von derfelben Seite. 
	        
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