fpäte Mittelalter.
Das
Miniatu rmalerei.
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legentlich von Engeln, dann von fcherzhaften
Einfällen belebt, die an Laune und Reiz un-
erfchöpflich fmd.
Für die Gefchichte der Malerei find die
Bilderhandfchriften diefer Gruppe dadurch be-
deutend, dafs in ihnen zuerft im abendländi-
fchen Mittelalter wieder ein wirklich maleri-
fches Streben hervortritt. Sie find die un-
mittelbare Vorftufe zu dem Handrifchen Rea-
lismus des I5. Jahrhunderts.
Diefe neue Richtung war eine Hofkunft,
die (ich vorzugsweife im Dienfte der Könige
und der Prinzen des franzöfifchen Haufes
entwickelte. Schon König Johann von
Frankreich (1350-1364) war ein Bücherlieb-
haber. Diefe Neigung ging auf feine vier
Söhne über, auf König Karl V. 1380),
deffen Bibliothek im Louvre {ich auf 910
Bände belief, aufJohann Herzog von Berri
I4I6), auf den viele der prächtigften Hand-
fchriften der Zeit zurückgehen, wenn auch
bei der Zerftörung feines Schloffes Winceftre
auf Befehl des wahnfinnigen Königs Karl VI.
vieles zu Grunde ging und das Uebrige zer-
Pcreut wurde, auf Ludwig Herzog von An-
jou und Philipp den Kühnen Herzog von
Burgund fpäter Grafen von Flandern 1).
Andere Höfe fowie Perfönlichkeiten des hohen
Adels folgten diefern Beifpiele. Diefe Biblio-
theken beftanden zunächft aus geiftlichen Bü-
chern aller Art, die ftets die prächtigften
waren; zur Capelle gehörten das Mefsbuch,
das Evangelienbuch, das Pfalterium und ver-
fchiedene Chorbücher, zum Betzimmer (ora-
toire) ein Brevier, ein Mefsbuch und verfchie-
dene Gebetbücher. Dazu kamen Werke über
Aftronornie, Thiere, Pflanzen, Jagden, Tur-
niere, Hofcereinonien, Kriegskunfl; ferner.
Ritterromane, Gedichte, Chroniken, in der
Folge Ueberfetzungen italienifcher Autoren,
des Boccaccio und Petrarca, fowie alter Claf-
fiker, befonders des Livius, des Valerius Maxi-
mus. Diefe Bücher wurden mit den Koftbar-
I) Litteratur über (liefe Bibliotheken citirt bei Wailen-
öazlz, Schriftwefen, S. 502. Dazu Camle de Laäonle: Les
clucs de Bourgogne, II, Preuves; 3 Bände, 1349-1851.
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