ERSTER
ABSCHNITT.
Mi
rmal
Die
franzöfifche
Schule
bis
zur
Mitte
des
Jahrhunderts.
as franzölilche Volk betrat wie in der Architektur lo auch in der Malerei fgteüq:tSäiä_
zuerlt neue Bahnen. Gegen die Mitte des I3. Jahrhunderts entwickelte 13. Jiniimi
S'- lich in Frankreich eine eigenthümliche Richtung in der Handfchriften-
Malerei, und zwar, wie es fcheint, zunächlt vorzugsweife in Paris, dem Centrum
gelehrter Studien, dem Sitze der Univerlität und eines blühenden Gewerbe-
betriebes. Der Luxus in den ritterlichen Kreifen begünltigte auch die Bücherlieb-
haberei. König Ludwig IX. (1226-1270), der eine grofse Bibliothek gründete
und die Bücher für dielelbe vorzugsweife neu abfchreiben liefs, gab den Ton an.
Schreibkunlt wie Miniaturmalerei waren jetzt überwiegend in bürgerliche Hände
übergegangen, es bildete llCll eine felte Handwerkstradition, die durch ge- Intgggir-
lteigerte Routine gefördert wurde. In Paris nennt die Steuerrolle von 1292 bürgerliches
dreizehn fteuerpllichtige Enlumineurs. Als die eigentlichen Unternehmer Gewerbe"
erfcheinen, da der Buchhandel noch ziemlich unentwickelt war, die Schreiber.
Sie nahmen bei ihrer Arbeit auf die llluminirung Rücklicht und liefsen
Lücken für Initialen und Bilder frei. Dem Maler, von welchem nicht immer das
Verlländnifs des Textes beanfprucht werden konnte, gaben fchriftliche An-
weifungen am Rande an, was darzultellen fei. Meilt wurden diefe Randnotizen
fortradirt, mitunter lind lie aber noch erhalten, wie im Wilhelm von Oranfe der
Bibliothek zu Caffel, in der Bibel Kaifer Wenzels (Wien, Hofbibliothek) und
in dem für denfelben Fürllen angefertigten Wilhelm von Oranfe von Wolfram
von Elchenbach (Wien, Ambrafer Sammlung) 1). Häufig blieben diefe Aus-
fchmückungen der Bücher, die lich durch längere Zeit hinzogen und erhebliche
Kolten machten, unvollendet 2). Die Namen der Illuminatoren lind uns jetzt
1) Beifpiele aus dem Letzteren: B1. 233. Hie ponas aliquot monachos cum abbate; 238. Hie
ponas regem Terramer regio in apparatu in medio capitalis; 223. Hie ponas folum capitale et
inpingas quid placet. Die Hand fcheint diefelbe zu fein wie die des Correctors, der auf B1. 311 aus-
gelaffene Verfe eingefügt hat.
z) Die Stufen der Ausführung zeigt fehr anfchaulieh ein Speculum hnmanae salvationis, I5. Jahr-
hundert, in der Bibliothek des Metropolitan-Capitels zu Prag (A, XXXII): im letzten Drittel leere
Felder, vorher zunächfi rohe, flüchtige Durchzeichnungen, dann Federzeichnnngen in UmriITen über
der urfprünglichen Durchzeichnung, dann ein paar theilweife colorirte Bilder, aber nur die erften
wirklich vollendet, ganz farbig und mit aufgefetztem Golde.