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Zweites BLICh.
Periode.
Vierter
Alufchnitt.
Würde oft in das Grämliche. Im Einzelnen, etwa in der Bildung der Hände,
fehlt oft das feinere Verftändnifs. Die antike Gcwandung ifl correct, gefchickt,
aber oft gekünftelt. Die erzählenden Bilder, befonders die aus dem alten
Tellamente, geben flch in anfchaulicher Lebhaftigkeit der Action. In der Zu-
fammenfetzung der Glasftifte geht eine Präcifion durch, welche die römifchen
Mofaiken diefer Zeit weit übertrifft. Ueberall herrfcht der Goldgrund, zu
welchem die Farben fein geftimmt fmd; die Modellirung ift kräftig, befonders
im Fleifche mit feinen grünlich-grauen Schattentönen; alle Farbeneffecte,
welche die Technik an die Hand gab, die Schattirung in anderer Farbe und
das Auffetzen goldener Lichter in den Gewändern, fmd benutzt.
ngßgziflfign Von nun an aber trat die Malerei Siciliens vom Schauplatz ab. Aeufsert
Klmß- fich auch auf anderen Gebieten noch immer die alte Kunftfertigkeit unter
Kaifer Friedrich 11., fo {tehen doch damals die grofsen Unternehmungen
des Kirchenbaues, feiner Sinnesweife gemäfs, zurück, und fomit fällt die Ge-
legenheit für Entfaltung der Mofaik fort. Mit dem Untergange der Hohen-
ftaufen, der franzöfifchen Gewaltherrfchaft, den Parteikämpfen und dem Ueber-
gewichte des Feudaladels war dann die Blute der Infel und damit ihre Kunft
vernichtet. Sicilien blieb theilnahmlos und unfähig, als in der folgenden Epoche
ein felbftändiger italienifcher Kunftauffchwung begann.
Venedig.
gfeßfgirigs In einer ähnlichen Stellung wie Sicilien befand fich Venedig, das, vom
"Fefllande Italiens getrennt, feine Bedeutung und feinen Reichthum auf den
Handel mit dem Often begründete, und von deffen Hinneigung zur byzantini-
fchen Kunft wir fchon gefprochen haben. An den Mofaiken der Marcuskirche
haben alle Epochen feit dem II. Jahrhundert gearbeitet, diefe Technik blieb
in Venedig bis auf die Neuzeit traditionell, neben die Bilder des Mittelalters
hat die Renaiffance Compofitionen. nach der Erfindung Ilklszkznlv, Tinfarcifolv
und ihrer Zeitgenoffen geftellt. Daher fehlt hier die einheitliche Decoration
im Geifte jener Zeit, in der das Bauwerk felbft entilanden ift, und fchon da-
durch ftehen diefe Mofaiken weit gegen die zufammenhängenden und verhält-
nifsrnäfsig wohlerhaltenen Siciliens zurück, denen fie aber auch technifch nicht
gleichkommen. Das Alte ift demnach freilich Stückwerk, aber die Fülle diefer
Darflellungen auf Goldgrund an Wänden, Kuppeln, Gewölben, in der Kirche
felbPc wie in den Nebenräumen läfst denn doch das Princip byzantinifcher
Decoration in überwältigendem Glanze auf den Befchauer wirken 1).
In der Vorhalle finden wir Bilder aus dem Alten Teitamente, der Schöpf-
ungsgefchichte, der Gefchichte des Jofeph in lebhaft bewegten aber unge-
fchickten Compofitionen aus dem II. bis I2. Jahrhundert, in der Capelle St.
Zeno die Legenden von Petrus und Marcus, im Baptiiterium die Gefchichte
Johannes des Täufers, fowie an der Kuppel den thronenden Heiland, von
zwei Kreifen von Engeln umgeben. In der Kirche felbft fleht die öftliche
Kuppel mit dem Medaillen des bartlofen Heilandes, der fonft in Italien ganz
I) Giozx.
1843 fol.
e Luigi Kreutz.
Bnfxlica di
in Venezia esposta
San Marco
nei suoi mosaici etc.
Vene-