332
Buch.
Zweites
Periode.
Vierter
Abfchnitt.
{ich die griechifchen und arabifchen Elemente im Volksthume, ihre Sprachen
blieben neben der lateinifchen beftehen, die blühenden Induftriezweige dauerten
fort, und die Seidenmanufactur wurde in Palermo, in unmittelbarer Nähe des
Hofes, gepflegt 1). Ihre Werkltätten lagen am königlichen Palafle. Von dort
gingen die prächtigften Arbeiten aus, die dem ganzen übrigen Abendlande
zuftatten kamen, und neben denen die Leiftungen anderer Gegenden nur dilet-
- tantifche Producte find, vor allem prächtige Gewänder mit Goldftickereien,
bald ftilifirten Thieren im arabifchen Stil, bald figürlichen Darftellungen in
einem der byzantinifchen Kunft entfprechenden Charakter bei ftrenger Zeich-
nung und vollendeter technifcher Durchführung.
Ääxiiigißü Wahrfcheinlich {icilianifches Fabrikat fmd die koftbaren Gewänder Kaifer
Bamberg. Heinrichs II. im Domfchatze zu Bamberg 2). Der Kaifermantel enthält eine
Infchrift, aus der hervorgeht, dafs ihn Ismael von Bari hatte machen laffen
und zwar offenbar als Gefchenk für den Kaifer, vor dem er im Jahre 1014,
Hilfe gegen die Griechen fuchend, zu Rom erfchienen war. Sie enthält in
Goldltickerei auf Purpur den thronenden Heiland, von Engeln und Sternbil-
dern umgeben; als wdescriptio totius orbisu bezeichnet die Infchrift diefe Dar-
ftellung. Ein anderes Gewand ilt mit gekrönten Reiterfiguren, ein drittes mit
der Darftellung des Erlöfungswerkes in kleinen Kreifen gefchrnückt. Diefen
11259532223" Arbeiten fteht in Stil und Technik der ungarifche Krönungsmantel, ein von
mantel. König Stephan dem Heiligen und feiner Gemahlin Gifela, der Schweiter
Heinrichs lI., im Jahre 1031 in die Kirche zu Stuhlweifsenburg geftiftetes
Mefsgewand, fo nahe, dafs fein Urfprung kein anderer fein kannß).
Jetzt ein offener Mantel, war er tirfprünglich eine gefchloffene Cafula, die
glockenförmig über den Körper fiel. Er enthält dreimal Chriftus und einmal
die Madonna in Mandorlen, die Apoftel in Rundbogen-Umrahmungen, Friefe
mit Propheten und mit Thierbildern, am unteren Rande endlich, von andern
Königsbildern umgeben, Stephan und Gifela. Neben dem byzantinifchen
Gefchmack dauerte aber auch der rein arabifche fort, zu deffen herrlichften,
laut Infchrift in Palermo entftandenen Belegen einige Stücke des deutfchen
llgeurfcher Kaiferornates in der Schatzkammer zu Wien gehören: der Krönungsmantel
IÄXÄLÄIES- mit zwei riefigen Gruppen von Thierkämpfen in völlig flächenhafter Stilifirung
aus dem Jahre 1132 und die weifsfeidene Alba aus dem Jahre IISI.
Seit dem I2. Jahrhundert beftehen dann die Kunftdenkmale der ficilifchen
Mofaiken, Malerei in Mofaike n. Der Stil der Arbeiten fcheint darzuthun, dafs bei den
früheften, die zugleich die betten lind, Mofaiciften und Zeichner aus Conftan-
tinopel felbft thätig waren. In der Folge arbeiteten neben jenen dann wahr-
fcheinlich einheirnifche, von ihnen gefchulte Gehilfen, welche die anftellige
l) Hißoria 172450111": Fnlranzli de rebns gestis in Siciliae regno, bei [lluralari rer. It. SS.
VII. S. 256.
2) Bock, Die Kleinodien d. h. röm. Reiches, Taf. 41-43; vgl. deffen Gefch. der liturg. Gewän-
der. Im Baier. Nationalmufeum zu München befindet {ich eine zu diefen Gewändern gehörige Dalma-
tica mit Greifen.
3) Bark a. a. O. Taf. XVII. Vgl. deITen erfle Notiz in den Mitth. d. k. k. Centralcomm. Die
Infchrift lautet: nCafula haec dem. et operata. est ecclesiae St. Marine silae in Civitate Alba anno ab
incarnatione Chrifli MXXXI indictione XIV. n Stephano rege et Giseln regina." Aus noperatau darf
nicht, wie bisher ßets gefrhehen ifi, gefchloffen werden, dafs Gifela. das Gewand felbfi gefiickt habe.