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Zweites Buch.
II. Periode.
Vierter Abfchnitt.
Fügung der Glasftifte fchon gröber, es kommen ftatt feinerer Schatten und
Halbtöne einfache Localfarben, mitunter in derb aufgefetzten Flecken ohne
Uebergänge, und fchwere Umriffe vor.
liiräiiigrxiillylgßlle Wir hatten in früheren Perioden einen byzantinifchen Einflufs in den
Schule- römifchen Mofaiken nicht zugeben können; jetzt aber glauben wir einen folchen
wahrzunehmen, der hier eine faft untergegangene Technik neu belebte l). Wir
behaupten nicht, dafs er direct dem Defiderius zu danken fei, der als Vic-
tor III. für eine kurze Zeit Papft war. Bis in fein Pontificat geht keins diefer römi-
fchen Denkmäler zurück. Aber wir glauben, dafs die von ihm in Unteritalien
hervorgerufene Kunftbewegung fich allmählich bis Rom erftreckte. Die Künftler
dafelbft waren gewifs keine Griechen, {ind aber von byzantinifcher Schule be-
rührt worden.
Coslnalen. Kleinere mufivifche Bilder kommen feit Anfang des Igjahrhunderts auch
an Cosmaten-Arbeiten vor, fo der edle Chriituskopf in der Lünette einer Sei-
Civita tenthürc an der Kathedrale zu Civita Caftellana bei Rom, nach Infchriften ein
Caüenana" Werk des jlacvbus, Sohnes des Laurerztius aus Rom. Derfelbe nennt fich mit
feinem Sohne Comzas als Urheber des in Stil und Technik geringeren Tym-
panons an einem jetzt in die Gartenmauer der Villa Mattei zu Rom einge-
Si-nliggjgiwsfo bauten Portale. Es ftammt von S. Tommafo in Formis, der Kirche eines
1218 befiätigten, der Loskaufung von Sklaven gewidmeten Ordens, und zeigt
den Erlöfer zwifchen einem fchwarzen und einem weifsen Sklaven.
Am Schluffe der Periode ftehen die unter I-lonorius III. (1216-1227) aus-
fuäääaälltiq geführten Mofaiken, befonders die zu S. Paul vor den Mauern 2). Die Apfis,
hwelche den Brand überdauert hat, zeigt zwifchen zwei Palmen den thronen-
den Chriftus, umgeben von Petrus, Paulus, Andreas und Lucas, fammt der ganz
kleinen Figur des päpftlichen Stifters, im unteren Saume einen Altar zwifchen
zwei Engeln und zwölf Apofteln und jüngern. Von der Fagade, an der einft
die grofsen Figuren der Madonna, Iohannes des Täufers und der zwei Apo-
Itelfüriten thronten, {ind nur noch einige Köpfe in der Sacriftei übrig, an denen
man eine gediegene Technik erkennt. Auch in Typen, Motiven, Gewandung
dauert die byzantinifche Richtung fort.
Mit ebenfolcher Entfchiedenheit tritt diefe weiter nördlich in der grofsen
Spoleto. Fagadenmofaik an der Kathedrale zu Spoleto hervor, dem thronenden Chri-
ftus, dem Maria und Johannes der Evangelift zur Seite ftehen, 1207 von einem
Meifter Soßzrnzzs ausgeführt, welchen eine nach italienifcher Art anfpruchs-
volle Infchrift als den gröfsten der ganzen Epoche verkündigt 3). Bereits etwas
felbftändiger in den Köpfen wie in der freieren Gewandung find die Mofaiken
I) In der Literatur ifl dies am bellen ausgeführt bei Vile! im angeführten Auffalze des Journal
des Savants, 1863.
2) Gulmfalln u. ÄÜmjJp 'l'af. 45, 48.
3) HEC EST PICTVRA QVAM FECIT SAT PLACITVRA DOCTOR SOLSZFERNVS HAC
SVMVS IN ARTE MODERNVS ANNIS INVENTIS CVM SEPTEM MILLE DVCENTIS.
Dann folgen die nicht ücher feflzuflelleixden Nennen der Operarii, von denen wir den letzten
Diotefalvi Petroni zu lefen glauben; vgl. über (liefen Sienefxfchen Meifler Runzolzr II, S. 23. Docwr
ifl Synonym von Magifler und kommt auch fonil in italienifchen Infchriften vor; vgl. die an der Kanzel
zu Fondi, Schulz II, S. x 32 ; ferner Gkiberti, secondo commentario, II : Stefano fu egregissinxo dottore.
Abbildung bei Rajini, Storia clella pittura italiana, Atlas, Taf. E.