Die ägy ptifche
hlalerei
uns denn auch unter den ausübenden Kräften keine Küniller im höheren Sinne
des Wortes vorzuilellen, fondern gefchickte Techniker oder Handwerker. ja,
die Darftellungen, wie fie uns vorliegen, werden nicht einmal jede für {ich
von einer und derfelben Hand vollendet worden fein. Wir wiffen, dafs die
einzelnen Gewerbe im alten Aegypten zunftartig ftreng von einander gefondert
waren, dafs Uebergriffe von dem einen Handwerk in das andere ftreng ge-
ahndet wurden. So fcheint es, dafs eigene Arbeiter angeftellt gewefen, welche
die Steinflächen der Mauern mit dem Stucco bewarfen, der die Grundlage
aller Malereien bildete. Andere zeichneten die Umriffe mit rothen Linien vor.
Noch andere vertieften diefe Umriffe, wo die koilanaglyphe Darftellungsweife
beliebt wurde. Wieder andere endlich beforgten den eigentlichen Farbenauf-
trag, wobei flets eine weifse Grundirung vorherging, die vielleicht auch wieder
von anderer Hand ausgeführt wurde, als die farbige Colorirung. Der äufseren
Technik nach fcheinen die ägyptifchen Gemälde zur einfachfien Tempera-
malerei gerechnet werden zu müffen. Gummiwaffer wird als Bindemittel ge-
nannt; das Fresco fcheint nicht bekannt gewefen zu fein. Es fmd uns einige
Darftellungen. erhalten, die zum Theil in verfchiedenen Stadien jener Ent-
Prehungs-Manipulationen {tehen geblieben lind, oder an welchen man rückwärts
jene verfchiedenen Stufen beobachten kann. Andererfeits aber fmd uns auch
Daritellungen ägyptifcher Maler bei ihrer Arbeit erhalten: theils Anftreicher,
die den Farbentopf auf der Seite ftehn haben und den Pinfel in der Hand
halten, theils Maler, welchen die Palette über dem Arme hängt und die man
daher für die letzten, mit verfchiedenen Farben operirenden Vollender halten
mufs. Höchft intereffant ift eine Holzplatte des ägyptifchen Mufeums zu
Florenz, welche Relle von Farbenmaterial bewahrt. Hier kommen nur fieben
Farben vor, nämlich Schwarz, Grün, Dunkelroth, l-lellroth, Dunkelgelb, Hell-
gelb und Hellblau. Dafs aber mindeftens Braun und Weifs aufserdem bekannt
waren, unterliegt keinem Zweifel.
Wie überall, wo eine Theilung der verfchiedenen Arbeiten an demfelben
Werke durchgeführt ifl, ifi; die Technik eine äufserft fichere und forgfältige,
ift die Vollendung eine fette und glatte; aber gerade aus demfelben Grunde
entfpringt auch jenes bis zum Schablonenhaften und bis zur Wirklichen An-
Wendung der Schablone Conventionelle, Unfreie, Geifllofe, welches uns hier
den gröfseren Theil der Kunfl in den Feffeln orientalifchen Regimes, die
wirkliche Malerei in den Windeln ihrer Kindheit, die an fich tüchtige und in
den Bewegungsmotiven keineswegs leidenfchaftslofe Silhouettenzeichnung im
Dienfte der monumentalen Gefchichtsfchreibung zeigt.
Wenn unfer Auge dennoch mit lebhaftem Intereffe auf diefem mannich- Derulnhalt
faltigen, bunten und fremdartigen Leben verweilt, fo zieht uns der Inhalt derreiäinl-
offenbar mehr an, als die Darftellungsweife. Dafs die ägyptifchc Kunft in ihrer Ruhm
Art klar und deutlich illuftrirt, ift fchon hervorgehoben worden, und wirklich
eröffnet fie uns tiefe Einblicke in die verfchiedenen Seiten einer uralten, längft
verfunkenen, farbenreichen Culturepoche.
Man hat die ägyptifchen Wand-Darftellungen paffend in religiöfe, hiitorifche
und bürgerliche eingetheilt.
Was zunächft die religiöfen Darftellungen anbetrifft, fo liegen unS die- Religiöfe
felben am fernften; denn wenn wir diefen grünen und blauen thierköptigen Dargienlflm"