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Buch.
Zweites
Periode.
Vierter
Abfchnitt.
Apfis breiten fich aber {tilifirte Blattgewinde aus, die den Weinftock vorftellen
follen, ohne einem folchen zu gleichen; fie enthalten überall in ihrer Mitte
Fruchtkörbe und Gefäfse mit Blumen, und der freibleibende Raum zwifchcn
ihnen ift zu unterft mit den kleinen Geftalten der Kirchenvater und anderen
Figürchen, höher mit Eroten, die Füllhörner tragen oder auf Delphinen reiten,
zu oberft mit Vögeln gefüllt.
Srlzrghlfilgxiltrin Die Bafilika S. Maria in Traflevere erfuhr einen Neubau und erhielt
"ihre Mofaik, die bedeutendfie diefer Epoche, unter Papft Innocenz Il.
(1130-1143) Er erfcheint als Stifter, eine Aedicula haltend, neben fechs
Heiligen, vorzugsweife Päpften, in der Apfis, deren Mitte die impofante Gruppe
Chrifti und der gekrönten Maria in goldenen Mänteln auf prächtigem Throne
einnimmt. Unten fchliefst wieder ein Saum mit den Lämmern ab, am Bogen
erfcheinen ebenfalls die Propheten Jefaias und Jeremias, diesmal ftärker bewegt,
und oben die Evangeliftenzeichen zu den Seiten eines Medaillons mit dem
Kreuze. Auf gleicher Höhe fteht der friesartige Mofaikitreifen an der Front 2):
die fitzende, dem Kinde die Bruft reichende Maria, auf welche zehn reich ge-
kleidete Jungfrauen zufchreiten. Man hat {ie für die klugen und die thörichten
Jungfrauen des Gleichniffes halten wollen, aber der Gegenfatz fehlt, und es
mangelt nur bei zweien das Licht. Sie alle haben einen Nimbus und find
offenbar weibliche Heilige, die fich verehrend der Mutter Gottes nahen. Die
zwei kleinen Stifterüguren neben dem Throne mufs man für lnnocenz und
feinen Nachfolger Eugen III. (1145-1153) halten.
SNMaria Die Apfis-Mofaik in S. Maria Nuova, jetzt S. Francesca Romana,
1mm am alten Tempel der Venus und der Roma, hat man früher gewöhnlich
in das 9. Jahrhundert fetzen wollen, aber die Uebereinftimmung mit den be-
fchriebenen Werken ift klar, und fie mufs der Zeit Alexanders III. angehören,
unter welchem nach beendigtem Umbau im Jahre 1160 eine Weihe Hattfandii).
Hier ftehen vier Apoftel zu den Seiten der thronenden, gekrönten, ganz von
vorn gefehenen Maria, die das Kind, bekleidet, in den Proportionen eines
Erwachfenen, dabei lebhaft bewegt, auf ihrem Knie hält (Fig. 97).
Stil. Der Stil diefer Werke ifl: völlig von dem der Mofaiken aus der Karolinger-
zeit verfchieden. Sie find nicht blofse Reproductionen römifcher Mofaiken aus
älterer Zeit, wie das die Apfis in S. Praffede war; fchon in den Compofitionen
treten vielmehr neue Momente hervor. Ferner ift der ornamentale Reichthum
bemerkenswerth; überall ftrahlt hinter den Figuren der Goldgrund, den die
byzantinifche Kunft bevorzugte, während Rom lange am blauen Grunde feft-
gehalten hatte. Am Scheitel breitet fich ftets ein farbenreiches, fächerartiges
Ornamen-ZCltdaCh aus, unter dem zunächfl ein Saum mit Pflanzenornamenten und
mm Emblemen, der Hand Gottes in der Mitte, öfter dem Lamme auf einem
Blumenkelche, hinläuft. Ueppige Frucht- und Blumenguirlanden mit einge-
flochtenen Aehren und Trauben ziehen {ich als Rahmen um das Ganze. Die
Throne {ind Möbel von befonderer Pracht und Zierlichkeit. Der Sinn für das
Ornamentale, den freilich fchon das Bild in S. Maria della Navicella gezeigt
I) De [Cassi a. a. O.
2) Gutenfolzvßz u. Ifnajvp Taf. 44.
3) De Romi, nach [Wumlwi SS. III,
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