Das hohe Mittelalter.
Italien.
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Medaillons mit den Monaten, Jahreszeiten und Winden enthält, fo kommt auch
in Italien häufig das perfonificirte Jahr mit den Bildern der Monate, meiPr
Scenen ländlicher Befchäftigung, wie wir fie fchon aus Miniaturen kennen, vor
(Pavia, Piacenza, S. Benedetto, Aoila); dann die Allegorien vom Siege der
Tugenden über die Lafter oder auch die Lafter untereinander im Kampfe
(Cremona), endlich felbit das mythologifche Motiv des Labyrinthes mit Thefeus
und dem Minotaurus, der als Kentaur dargeftellt ift (Pavia).
Noch weit barbarifcher fInd einige Mofaikböden im Süden, derjenige der Unteritalien.
Kathedrale von Otranto, 1163-1166 unter Bifchof Jonathas durch die Hand
eines Priefters Palzialeovz gelegt, und der in der Kathedrale zu Brindifi, 1178
von Erzbifchof Wilhelm gefliftet. In beiden wird die Haupteintheilung durch
riefige, Weit in die Schiffe hineinwachfende und meiPc auf Elephanteix ruhende
Bäume hergeftellt, deren Aefte von allerlei Thieren belebt werden, Motive,
die orientalifchen Teppichen entlehnt find. Im Mittelfchiffe zu Otranto fmd
dazwifchen Medaillons mit Thierkreiszeichen, Monatsbildern, Kampffcenen,
profanen Darllellungen, wie Alexander, und alttefiamentarifchen Scenen ein-
gereiht, während das füdliche Seitenfchiff Paradies und Hölle, jenes mit den
Seelen im Schofse der Erzväter, diefe mit dem thronenden Satan, Teufeln und
von Schlangen umwundenen Verdammten, enthält. In Brindifi, wo man nur
noch Rette fleht, kommen neben Bildern des Alten Teflamentes auch Dar-
fiellungen aus der Rolandsfage vor, die damals, in der Zeit der Kreuzzüge,
wieder auflebte. Die Roheit der kraftlofen, gefchwollenen Figuren überfleigt
jedes Mafs, und es-fehlt zugleich das richtige Ädecorative Gefühl in der An-
ordnung l).
Auch die Miniaturmalerei, die in Italien weniger für den Luxus der Milaiaturen.
Höfe in Anfpruch genommen wird, fteht während diefer ganzen Periode auf
einer niedrigen Stufe; erfl feit dem I4. Jahrhundert wird fie mit folcher Kunfl-
fertigkeit betrieben, dafs fie fich mit den Leiftungen der nördlicheren Völker
meffen kann. Im II. und I2. Jahrhundert begnügt fie {Ich meiflens mit rohen,
flüchtig colorirten Federzeichnungen, und in ornamentaler Hinficht, in den
Initialen, wird {ie fogar von den Leiftungen der fortbeftehenden lang0bar-
difchen Schule, deren wir bereits gedacht haben, überboten. Zu dem Interef-
fantefien unter diefen dilettantifchen Producten gehören immerhin verfchiedene
Exemplare des Exultet, eines nach dem Anfangsworte fo genannten I-Iymnus Exultel,
für die Ofternacht, unter welchen diejenigen in der Bibliothek der Minerva in
Rom wie im Domfchatze zu Pifa noch dem II. Jahrhundert, die in der
Bibliothek. Barberini in Rom und im Dome zu Salerno dem I2. angehören 3).
Dargeftellt flnd gewöhnlich der Sündenfall, die Kreuzigung, Chrifti Sieg über
die Hölle, feine Niederfahrt zum Limbus, ferner Papit, Kaifer und andere
Würdenträger, für welche Gebete eingereiht waren, die Perfonification der
Erde, an deren Brüften Stiere, Hirfche, auch Schlangen fangen, religiöfe
I) Scliulz a. a. O. I, p. 26I, 302, Taf. 45.
2) Agincozzrl Taf. 53-SS- E. Fiizßur, Denkm. ilal. Malerei I, Taf. II f. Das Exemplar, von
welchem Aginrourt zunäclift Abbildungen mittheilt, war in feinem eigenen Befitze und ift jetzt nicht
nachweisbar; es gehörte der zweiten Hälfte des II. Jahrhunderts an und enthielt die Namen der
Fürüen Pandolf und Landolf von Benevent.