Volltext: Die Malerei des Alterthums (Bd. 1)

308 
Zweites Buch. 
Periode. 
Dritter 
Abfchnitt. 
einft mit alten Lappen gefchloffen, jetzt die goldgelockte Sonne durch ver- 
fchiedenfarbige Scheiben mit Malereien einfallen laffen, und nennt das einen 
ungewöhnlichen Schmuck l). Ausdrücklich iPt aber von figürlicher Darflellung 
die Rede, wenn der Mönch Richer von Saint-Remi zu Reims berichtet, 
dafs BifchofAclalbero (968-989) die Fenfter der Kirche zuerft mit Scheiben, 
die verfchiedene Hiftorien enthielten, ausgeitattet habe 2). Die Frage, 0b diefe 
KunPc zuerft in Frankreich oder in Deutfchland betrieben wurde, ift vielfach 
erörtert worden; neuerdings hat der Franzofe Labarte die Priorität Deutfchland 
zuweifen wollen, während gerade deutfche Gelehrte, wie Schnaafe, iie Frankreich 
zuerkannten. Mafsgebend ift jedenfalls, dafs Theophilus in feinem Lehrbuche 
zweimal die Technik als eine vorzugsweife in Frankreich betriebene erwähnt 
und die Franzofen in diefer Arbeit hocherfahren nennt 3). 
ik. Die Technik, die Theophilus eingehend fchildert, blieb eine Verbindung 
von Mofaik in gröfseren Glasftücken und von Malerei. Auf eine Tafel, welche 
die genaue Vorzeichnung des Glasbildes enthielt, wurden die einzelnen Glas- 
ftücke gelegt, die Umriffe wurden auf ihnen mit Hüfflger Kreide nachgezeichnet 
und dann mit glühendem Eifen ausgefchnitten, da man die Anwendung des 
Diamantes zum Schneiden des Glafes noch nicht kannte. Zur Färbung des 
Glafes felbit hatte man verfchiedene Farben: Roth, Blau, Grün, Gelb, Violett. 
Die zugefchnittenen Stücke wurden dann von neuem auf die Holztafel gelegt, 
und die Zeichnung wie die Schattirung, die innerhalb der einzelnen anzu- 
bringen waren, wurden jetzt in einer Schmelzmalerei ausgeführt, zu der man 
nur Eine Farbe befafs, das Schwarzloth, beftehend aus Kupferoxyd nebft 
grünem und blauem Glafe zu gleichen Theilen. Die Malerei wurde dann ein- 
gebrannt und die einzelnen Stücke wurden durch Bleifaffung verbunden. 
Theophilus gibt ferner an, wie durch verfchiedenartigen Vortrag aus diefer 
Einen braunen Emailfarbe gewiffermafsen drei Farben zu machen feien, durch 
dunkle Schraffirung oder durch gleichmäfsige Vertheilung des dünn aufge- 
tragenen Tones, endlich durch Auskratzen aus demfelben. Diefe Technik erfuhr 
bis zum Schluffe des I3. Jahrhunderts keine Modification, und fo einfach fie 
ift, fo kommt lie doch gerade der wahrhaft flilgemäfsen Anwendung der 
Glasmalerei entgegen, die in ihrer Reinheit diefes Verfahren kaum überdauert. 
n. Wie der Teppichitil, der die Verzierungen und Geftalten an der Fläche 
haften läfst, die decorative Wandmalerei des Mittelalters beftimmt, fo iit er auch 
in der Glasmalerei mafsgebend. Jedes gemalte Glasfenfter macht den Eindruck 
eines vor den Wandausfchnitt gehängten Teppichs, der nur eben den Vorzug 
hat, durchfcheinend zu fein. Deshalb mufs zunächft jedes Feniler als ein 
Ganzes behandelt, einheitlich umrahmt und harmonifch gegliedert fein; die 
einzelnen zufammengeftellten oder einander entfprechenden Fenfter verlangen 
ferner eine im Allgemeinen übereinitimmende Behandlung, innerhalb welcher 
I) Vestris felicibus temporibus auricomus sol primum infulsit basilicae nostrae pavimenta per 
discoloria picmrarum vitra, cunctorumque inspicientium corda pertentant multiplicin gaudia qui inter 
se mirantur infoliti operis varietates. Pez, Thesaurus anecd. VI p. I, p. 122. 
2) Quam fenestris diversas continentibus hifiorias dilucidatam u. f. w. Mon. Germ.  III 613. 
Andere Stellen bei Ungar a. a. O. S. 50. 
3) Am Schluffe der Einleitung: nQuidquid in fenestrarum pretiosa varielate diligit Frnncianw  
Buch II, cap. XVII; nFranci in hoc opere peritissimim
	        
Waiting...

Nutzerhinweis

Sehr geehrte Benutzerin, sehr geehrter Benutzer,

aufgrund der aktuellen Entwicklungen in der Webtechnologie, die im Goobi viewer verwendet wird, unterstützt die Software den von Ihnen verwendeten Browser nicht mehr.

Bitte benutzen Sie einen der folgenden Browser, um diese Seite korrekt darstellen zu können.

Vielen Dank für Ihr Verständnis.