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Zweites Buch.
Periode.
Zweiter
Abfchnitt.
_düren der Gewänder und Aehnliches wurden in Gold aufgetragen. Der Grund
war gewöhnlich blau, jedenfalls einfarbig. Umrahmungen im Charakter von
Teppichbordüren, manchmal auch Architekturen, befonders fäulcngetragene
Arcaden, umfchloffen die einzelnen Felder; durch diefe Einfafftxngen wurde
die polychrome Gliederung des Bauwerkes fortgefetzt; gemalte Teppiche,
farbige Vorhänge mit einfachen Falten, bildeten gewöhnlich den Sockel.
Tbvvicllflil- So erfcheinen die Bilder felbft als Nachahmung von Teppichen; wie das
Ornament fmd auch die Figuren ftilifirt, in die Flächendecoration übertragen.
Sie lind ohne eigentlichen malerifchen Zufammenhang nebeneinander oder
übereinander geftellt, höchitens durch gefälligen Zug der Linien in ein glück-
liches Verhältnifs gefetzt. Die Farbe wirkt rein decorativ durch harmonifche
Vertheilung der einzelnen, dunkel umzogenen Flächen. Der Maler verzichtete
darauf, in die Tiefe zu gehen, deutete die Oertlichkeit kaum an, verwendete dic
Architektur mehr nur als Umrahmung, kaum als Hintergrund, vermied da-
durch die Schwierigkeiten, denen feine Fähigkeit nicht gewachfen war, und
geftand den Flächencharakter der Bilder offen ein. Aber gerade dadurch find
die Wandmalereien in diefem Stile ein harmonifcher Schmuck des romanifchen
Bauwerkes, und durch ihre rein decorative Haltung haben fie fogar vor den
vollendeten, echt malerifch concipirten Wandbildern der reifften Epochen
etwas voraus.
Prärie Profane Bilder, etwa Schlachten und Siege der Herrfcher, waren früher,
Heilungen. unter dem Fortwirken der römifchen Tradition, in den furftlichen Paläften
gemalt worden. Noch König Heinrich I. hatte im oberen Saale der Pfalz
zu Merfeburg feinen Sieg über die Ungarn in einem Gemälde darftellen
laffen, deffen Anfchaulichkeit und Lebendigkeit in den älteren Quellen gerühmt
Kirjlllifher wird 1). Jetzt tritt derartiges mehr und mehr zurück; die kirchliche Kunft
nimmt die erite Stelle ein 2), und ihren Aufgaben kommt auch der Stil der
Daritellung vorzugsweife entgegen. Was als Schranke erfcheinen könnte, wird
zum Vortheil; die Strenge der Auffaffung ift einer erhabenen Feierlichkeit
fähig, der fchematifche Charakter mindert deren Eindruck nicht, die Gebunden-
heit wird zum Ausdruck der Unterordnung unter Gottes Willen. Ziemlich
Dwlßhlavd-felten find in Deutfchland die Refte aus dem II. und dem Beginn des
läeivhemu- 12. Jahrhunderts. Auf der Infel Reichenau, deren berühmtes Kloiler ein
Hauptfitz der Kunit war, befindet fich ein Jüngftes Gericht in der Vorhalle
der St. Georgskirche von Oberzell, mit länglichen Figuren und einem
gewiffen Streben nach Zierlichkeit der Bewegung 3). Alle nackten Theile fmd
durch Zerfetzung der angewendeten Farbe fchwarz geworden. Strenger find
die fünf Halbfiguren von Heiligen in der Thurmhalle der Stiftskirche Nonn-
1) Liuzprandi antapodosis, lib. II, cap. 31, Mon. Germ. SS, III,
2) Von wefentlichem Nutzen war dem Verfafferdie reiche Sammlung von Durchzeiclmungen,
Zeichnungen und Aquarellen mittelalterlicher Wandgemälde im Kupferitichcabinet des Berliner Mufeums,
die er fchon für die 2. Auflage von Sllmzznfeß- V. Bande durchgenommen. Dasfelbe Material liegt
der ausführlichen Würdigung in Hollufs fragmentarifchem Buche nGefchichte der clnifll. MCIlCICiu,
Stuttgart X867 ff, zu Grunde.
3) Farbig reproducirt bei Aafler, baugefchiclutliche Forfchungen in Deutfchland, in Erbkanfs Zeit-
fchrift für Bauwefen, XIX (1869). Atlas Taf. 65.