Das hohe Mittelalter.
WVand-
M0 faik, textile KunPc,
und Tafelmalerei.
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Document, ngleichfam auch eine hiftorifchc Aufzeichnung der Zeitu, wie Ranke
fagt1), indem {ie die Eroberung Englands durch Herzog Wilhelm von der
Normandie im Jahre 1066 darftellt und offenbar nicht lange nach dem Er-
eigniffe felbft entftanden iit.
In fortlaufender Friescompofition entwickelt fich die Handlung mit
ihrer Vorgefchichte und ihren Motiven, durch kurze Auffchriften erläutert.
Obwohl keine ornamentale Abtheilung in dem Ganzen vorkommt, theilt {ich
doch dem Inhalte nach das Drama gewiffermafsen in fünf Acte. Zunächft die
Expofition: König Edward der Bekenner, den wir auf feinem Throne erblicken,
fchickt den Grafen Harald von Kent, den mächtigften Herren des Reiches,
aus, um dem Herzoge Wilhelm von der Normandie anzuzeigen, dafs er ihn zu
feinem Nachfolger erkoren. Harald reitet mit feinem Gefolge nach dem
Hafen Bosham, befucht dort die Kirche, tafelt und begibt f1ch zu Schiffe.
Auf der Seefahrt wird er. verfchlagen und landet wider Willen auf dem
Gebiete des Grafen Wido von Ponthieu, der ihn feftnehmen läfst, aber auf
Verwendung Wilhelms wieder freigibt. Die Schlufsgruppe diefes Actes zeigt
den thronenden Herzog Wilhelm in feinem Palatium, wie er den von Wido
felbft zu ihm geleiteten Harald empfängt. Nun ift noch eine bisher unerklärte
Epifode mit zwei Figuren eingeftreut, vubi unus clericus et Aelfgyvau. Dann
folgt der zweite Act: Ein Krieg zwifchen Wilhelm und dem Grafen Conan
von der Bretagne bricht aus, das normännifche Heer zieht auf Saint-Michel,
durchfchreitet Flüffe, belagert Städte, nimmt im Sturme die Stadt Dinan, von
deren Zinnen der befiegte Conan die Schlüffel an der Fahne herabreicht.
Wilhelm belohnt hierauf Harald, der an diefen Kämpfen theilgenommen und
nun zu Bayeux dem Herzoge auf Reliquien feinen feierlichen Dienfteid leiftet.
Im dritten Acte vollzieht flch die Peripetie der Handlung. Harald kehrt nach
England zu König Edward dem Bekenner zurück. Gleich darauf find die
Beifetzung und der Tod Edwards (in eben diefer Umftellung) zu fehen. Unver-
züglich wird Harald von den Grofsen des Reiches zum Könige erwählt.
Erzbifchof Stigant von Canterbury, der feine Krönung vollzogen, fteht an feiner
Seite bei der Huldigung. Aber es erfcheint ein Comet, der Unheil verkündet
und Schrecken hervorruft. Der vierte Act beginnt damit, dafs die Nachricht
von diefem Ereigniffe durch ein englifches Schiff zu Wilhelm gelangt. jetzt
läfst diefer Schiffe zimmern (Fig. 83). Wir fehen das Einfchiffen des Heeres, die
Ueberfahrt, das Landen der Flotte, den Zug nach Haiiings. Da werden Lebens-
mittel requirirt, das Heer bereitet {ich feine Mahlzeit, und hiernach hält Wilhelm
mit Erzbifchof Odo und Rotbert Rath, worauf fchnell ein verfchanztes Lager
bei Haftings angelegt wird. Der fünfte Act, die Kataftrophe, beginnt mit dem
Aufmarfche beider Heere. Wilhelm hält eine Anrede an feine Truppen, wobei
in diefer naiven Darftellung ihm freilich niemand zuhört, fondern alle bereits
den Rücken gewendet haben und in den Kampf reiten. Nun folgt ein wildes
Schlachtgetiimmel zu Fufs und zu Pferde in welchem die Brüder Haralds
fallen, und Odo mit dem Commandoilabe fowie Wilhelm im Gewühle auf-
tauchen. Der Tod Haralds und die Flucht der Angelfachfen bilden den
Abfchlufs.
I) Engl.
Gefchichte,
Buch,
Capitel.
19k