Volltext: Die Malerei des Alterthums (Bd. 1)

Das hohe Mittelalter. 
Die Miniaturmalerei. 
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Elementen nur fchr bedingterweife in ihr die Rede fein kann. Der Luxus 
des Hofes und der Kirche begünftigte allerdings den byzantinifchen Import, 
auf den prächtigen Buchdeckeln vieler diefer Codices kommen Goldfchmieds- 
arbeiten, Emaillen, Elfenbeinfchnitzereien öftlichen Urfprunges vor; das was 
die überlegene Fertigkeit und Tradition der Griechen lehren konnte, liefs man 
willig auf {ich wirken, aber der Eintlufs war doch wefentlich nur ein tech- 
nifcher und trat immer in felbftändiger Verarbeitung zutage. Diefe Richtung 
knüpft an die Leiftungen der karolingifchen Kunft wieder an, fchreitet auf 
ihrer Bahn weiter, fiittigt fich mit altchriftlicher Ueberlieferung und ihren 
claffifchen Elementen, geht aber an Stilgefühl und technifcher Präcifion über 
das Können des 9. Jahrhunderts hinaus und bringt, von der grofsartigen 
politifchen Entwicklung des deutfchen Reiches und dem Auffchwung der 
geiftigen Bildung getragen, Werke hervor, die das Vorangegangene ebenfo 
wie das zunächft Folgende weit hinter flch laffen. 
Frankreich. 
Frankreich blieb am Anfange der romanifchen Periode gegen Deutfchland Franzöiifche 
zurück. Die Verkommenheit der letzten Karolingerzeit fpiegelt {ich in der Kimm 
Barbarei der bildlichen Darftellungen. Das Reich zerbröckelte in einzelne 
Lehnsherrfchaften, die blühendften Gebiete, wie die Provence, waren eine Zeit 
lang felbftändige Territorien, an den Mündungen der grofsen Fluffe fetzten 
{ich die feefahrenden Normannen feft, zu deren Vertreibung die Kraft nicht 
ausreichte; und deren Affimilirung erft allmählich vollzogen werden konnte. 
Das kräftigere Regiment der Capetinger konnte bei den fcharfen Gegenfätzen 
der einzelnen Stämme doch nur langfam auf Einigung hinarbeiten. Mochte 
lich nun auch damals in der Baukunft ein kräftiges Leben entfalten, in welchem 
die befonderen Eigenthümlichkeiten der verfchiedenen Provinzen charakteriftifch 
hervortreten, fo erfcheint dagegen die Fähigkeit bildlicher Daritellung weit 
geringer und zwar im Norden, der an germanifchen Elementen reicher ift, 
nicht minder als im Süden, deffen lateinifche Tradition fich doch in {einen 
architektonifchen Leiftungen grofsartig ausfpricht. 
In den läilderhandfchriften feit Ende des 10. jahrhunderts iit die folidc 
Gouachemalerei abgefiorben, die Dar-Prellungen befchränken {ich auf rohe Feder- 
zeichnung mit flacher, unharmonifcher, wenig fchattirter Colorirung, in den 
Gefichtern find ilatt aller Modellirung nur rothe Flecken derb aufgefetzt. Die 
Barbarei des Gefühles tritt in den ungefchickten Figuren mit plumpen Extremi- 
täten, in kindifchen Bewegungen und leeren Köpfen mit frieren Augen hervor. 
Sclbft folche Werke deutfchen Urfprungs wie der Stuttgarter Pfalter i) {ind 
Cliefen Arbeiten noch überlegen. Bezeichnend ifl der Commentar des Hay- Conmgmzir 
mon zum Ezechiel (Paris, bib. nat. lat. 12302), gefchrieben von Heldric, der Ezßchiel. 
939-1010 Abt von Samt-Martin in Auxerre war 2); die Farbe iPc trübe und 
fchmutzig, Gold ift nicht angewendet; im Ornamente fmd Anklänge an den 
L 
I) Vgl S. 
2) Abbild. im Werke des Grafen Bastart, fowie bei Lmmndre, arts sompt, das Dedicationsbild und 
einige andere SCCIICD, wie die Belagerung von Tyrus. 
	        
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