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Zweites
Buch.
Periode.
Erüer
Abfchnitl
Berlin. Auf denfelben Monarchen geht wahrfcheinlich ein Evangeliltaritun in Berlin
(Kupferflichcabinet, Nr. 6) zurück, das vor Beginn des Textes einen thronendcn
König mit feinem Waffenträger und einem Mönche zeigt, der ihm das Buch
überreicht. Leider hat gerade das Gefxcht des Herrfchers am rneiiten gelitten,
aber das Haar und der Bart find ausgefprochcn fchwarz, fo dafs diefc Dar-
ftellung für nHeinrich den Schwarzem charakteriitifch wäre 1). Noch 23 andere
Bilder, theils als Vignetten, theils gröfser und mit fchmucklofcr Rundbogen-
Umrahmung kommen weiterhin vor, gröfstentheils biblifche Scenen. Charak-
teriftifch ift der Heiland am Kreuze (Fig. 72), bartlos, während er fonfl: auch
bärtig in diefem Buche vorkommt, noch immer, fowie im vorigen Codex in
langer Tunica, nicht hängend, nicht einmal mit Nägeln befelligt, zwifchen
Maria und Johannes. Die unverhältnifsmäfsig grofsen Köpfe mit aufgeriffenen
Augen fmd häfslich und im Ausdruck fchreckhaft. Das Kreuz ift grün und
blau, der Grund purpurn. Die Typen {ind hier durchweg barbarifch, die
Hände grofs, die Farben meiit gebrochen bei gelblichem Fleifchton mit bald
röthlicher, bald grünlicher Schattirung. Im Vergleiche zu den früheren Hand-
fchriften läfst diefe bereits ein {tarkes künftlerifches Sinken wahrnehmen.
EVIIPECÜII- Bedeutender und nicht fo barbarifch ift ein für Heinrich IV. angefertigtes,
Hßriäiiariilhs aus St. Emmeram in Regensburg hervorgegangenes Evangeliarium des Dom-
Krakau. fchatzes in Krakau 2;. Auf dem erflen Blatte thront der Herrfcher ganz allein
in kurzer Tunica, mit dem Pallium und mit einer Krone, wie fie auf dem Bilde
Ottos III. in München vorkommt; feine charakteriflifchen Züge lind ein grofser
Schnurrbart und das über der Stirn gerade gefchnittene Haar; die Arme, fteif
und fymmetrifch aufgehoben, präfentiren den Reichsapfel und ein kurzes Seep-
ter. Dann folgen, gröfstentheils in zwei Reihen unter fchlichten Rundbogenarca-
den, Erzengel, verfchiedene Heilige, drei Vorfahren des Monarchen, König Hein-
rich (Heinrich Kaifer Heinrich (Heinrich IIL?) und König Konrad (Kon-
rad II F), S. Wolfgang und verfchiedene andere bairifche, befonders Regensburger
Bifchöfe und Aebte. Dreimal kommt der heilige Emmeram vor. Bartlos ift der
Erlöfer in der Mandorla, bärtig der Heiland am Kreuze; dies ift von Silber
und mit einem grofsen Fufsbrette verfehen. Die Auffaffung wird durch Prumpfe,
runde Köpfe mit kurzer Nafe, plumpe Hände, lahme Bewegungen und fchema-
tifche Gewandung fowie durch grüne Erdfchollen als Fufsboden charakteriflrt.
gttfilfugär So dauert diefe Hofkunft, die wefentlich im Dienfte des Herrfcherhaufes
thätig war und in einzelnen hervorragenden Klöftern ihren Sitz hatte, gerade
fo lange wie die ungeftörte Blüte des Reiches felbft. Aber es tritt zuletzt
fchon ein Nachlaffen der Kraft in ihr hervor, und iie zeigt überhaupt keinen
Fortfchritt von Stufe zu Stufe, fondern leiflet ihr Beftes gleich in ihren crften
Werken. Da fie {ich nicht unwillkürlich, aus dem Volke heraus, fondern
unter bewufster Pflege von Seiten bevorzugter Kreife entwickelt hatte, ift das
crklärlich. Dennoch war fxe mit impofanten Leiftungen aufgetreten. Auf die
Qualität derfelben hatten unftreitig die fremden Mufter eingewirkt, aber diefc
Einflüffe dürfen doch nicht überfchätzt Werden. Wir haben gefehen, dafs diefe
Kunft keineswegs eine byzantinifche iPc, und dafs fogar von byzantinilirenden
Schriftliche Aeufserung von Watlenäark.
Eine Publication bereitet die k. k. Centralcomiflion vor.