Volltext: Die Malerei des Alterthums (Bd. 1)

258 
Zweites Buch  
Periode. 
Erüer 
Abfchnitt. 
diefer, von ihren emporgerichteten Armen gehalten, wächii: der Baum des 
Lebens mit pilzartigen Blättern in die Höhe, und an ihm fieht der impofante 
 jugendliche ChriPrus, mit der Linken in die Zweige greifend, in der Rechten 
die Scheibe der Welt. Die Ecken {ind gefüllt durch die vier Evangelilien- 
fymbole, welche durch die Paradiefesflüffe, ürenenhafte Büften, in ihrem Typus 
der Erde entfprechend, getragen werden. Das iPr eine finnbildliche Darftellung 
vom Opfer Chrifti; der Sage nach war das Kreuz Chriiti aus einem Zweige 
des Lebensbaumes gezimmert worden, den Seth auf Adams Grab gepflanzt. 
Späterhin wird fogar bei der Kreuzigung oft das Kreuz als grüner Baumftamm 
mit Aeften dargeftellt. 
Erzählende Die erzählenden Bilder find in dem Evangeliftarium (Cimel. 57) am zahl- 
Wdm" reichften, fchliefsen fich meift den älteren Vorbildern, befonders dem Codex 
Cimel_ 58, an und bieten nur wenige Bereicherungen, wie das Abendmahl, die 
Verkündigung des Zacharias und die Geburt des Johannes, den Tod Marias, 
I das jüngfte Gericht. 
Codiäglsnaus Einer verwandten Richtung gehören ein Evangeliarium aus St. Gereon zu 
Hildßshäim- Köln (Stuttgart, öff Bib. Bibl. Fol. 21) und drei allerdings derber behandelte 
Evangeliarien im Domfchatze zu Hildesheim an, gefiiftet vom heiligen Beru- 
ward, eins im Jahre IOII durch den Schreiber Gunförzld beendigt 1); fodann 
lwhichciw. ein fchönes Evangeliiiarium von unbekannter Herkunft in München (Cimel. 179, 
lat. 15713). Merkwürdig ift hier das Streben, prächtige Architekturen aufzu- 
bauen, in welche dann die figürlichen Darftellungen in ftreng geordneter Com- 
pofition gefügt werden. Auf das erite, reich umrahmte Bild, Chrifius, der 
zwifchen Petrus und Paulus thront, folgt die Darftellung der kleinen Maria im 
Tempel, einem vierfäuligen Porticus mit geradem Gebälk und Flachgiebel; 
durch den Engel, der mit der Krone von oben her auf Maria zufchwebt, wird 
das Bild gleichzeitig zur Verkündigung, und im Sockel des Baues ift aufserdem 
der Traum des Jofeph dargeftellt. Bei dem folgenden Bilde ohne Umrahmung, 
einem bärtigen Könige, der an vierzehn Perfonen Schriftrollen austheilt, kann 
man zweifeln ob hier Chriitus mit den Apofteln und Evangeliften oder Gott 
Vater mit den Propheten gemeint fei. Bei Chrifti Geburt ift auch das Bad 
des Kindes dargeftellt. Die Steinigung des Stephanus, die Ausgiefsung des 
heiligen Geiftes in einer Halle, die Anklage und Hinrichtung des Petrus, mehrere 
 Scenen in einem zweiftöckigen Bau, find namentlich beachtenswerth. 
Eyangelia- Ein hervorragendes und eigenthümliches Denkmal ift fodann das Evan- 
riiiigriäii-s geliarium aus der Abtei Niedermünfter in Regensburg?) auf deffen 
mimnen Bildern auch noch mehrmals griechifche Infchriften neben lateinifchen vor- 
kommen. Der Charakter der Bilder, die jedesmali die ganze Seite füllen, ift 
ein reiner Teppichftil, ähnlich demjenigen, den wir bald in der romanifchen 
und frühgothifchen Glasmalerei kennen lernen werden. Zunächft fondert {ich 
ein Mittelftück mit dem Hauptbilde von dem breiten Rande, der an den Ecken 
und meift auch in der Mitte jeder Seite von kleineren, runden oder quadraten 
I) Kratz, der Dom zu Hildesheiln, 1840, II, 117, 
2) München, BibL, Cinmel. 54, lat. 13601. Calzier, nouveaux mäl. (Patch, curiositväs mystärieuses, 
 I5, mit Abbildungen; andere Abbild. in dem Bande Bibliolhäques. Das 3. Bild auch bei E. Fözßer, 
Denkmale, II.  
	        
Waiting...

Nutzerhinweis

Sehr geehrte Benutzerin, sehr geehrter Benutzer,

aufgrund der aktuellen Entwicklungen in der Webtechnologie, die im Goobi viewer verwendet wird, unterstützt die Software den von Ihnen verwendeten Browser nicht mehr.

Bitte benutzen Sie einen der folgenden Browser, um diese Seite korrekt darstellen zu können.

Vielen Dank für Ihr Verständnis.