Volltext: Die Malerei des Alterthums (Bd. 1)

Buch. 
Zweites 
Periode. 
Abfchnitt. 
Erfier 
Kaifer Ottds, ein Stuhl mit gekreuzten Beinen und Thierköpfen (vgl. Fig. 68), 
die Pulte, Kiffen und Teppiche iind flets mit gröfster Sorgfalt ausgeführt, nur 
macht die Perfpective dem Maler zu fchaffen, wie denn in dem Parifer Codex 
der Sitz des Johannes fait im Profil, aber die Lehne von vorn erfcheint. Sonft 
werden die Umrahmungen der Bilder durch romanifches Blattwerk oder far- 
biges Mäanderornament gebildet und öfter mit Medaillons gefchmückt, welche 
Perfonificationen, die vier Cardinaltugenden, die vier Elemente, die vier Him- 
melsgegenden enthalten. Neben aller anderen Ornamentik ift hier endlich die 
in der Karolingerzeit entwickelte, den Byzantinern unbekannte Ausbildung der 
Initialen. Initialen mit Blattwerk, Geriemfel und phantaitifchen Thieren in der gröfsten 
Pracht und Schönheit feilgehalten. 
Dies Alles thut hinreichend dar, dafs nicht die Theilnahme griechifcher 
Küniller bei diefen Arbeiten vorausgefetzt werden kann, fondern dafs nur der 
Eindruck importirter Kunftwerke fowie der EinHufs einer auf edlen Luxus 
gerichteten Zeitfirömung zu dem künitlerifchen Auffchwunge geführt hatten. 
Taiga? und Die bildlichen Darflellungen beftätigenidas. Zunächft ifi: die Technik erheblich 
 verbeffert, die überwiegend zeichnende Manier durch eine breite, paftofe 
Guafchmalerei in lichter und ziemlich kühler Haltung erfetzt, bei ilarker An- 
wendung gebrochener Töne und feinem Sinne für Harmonie der Farbe; der 
Fleifchton iit meiit gelblich mit mäfsiger Schattirung. Die Uniicherheit der 
Proportionen ifi überwunden, und man kann, wie in der Technik, fo auch in 
den mafsvoll fchlanken Verhältniffen der Figuren und dem claffifchen Stile der 
Gewandung, vielleicht ein Studium byzantinifcher Mutter wahrnehmen. In dem 
Parifer Codex iPc die Gewandung am betten verflanden, fonfl oft im Einzelnen 
kleinlich und fchablonenhaft bei zu mechanifcher Vereinfachung der antiken 
Motive. Die grofsartige Würde der Einzeliiguren, wie fie dem religiöfen Ernite 
diefer Zeit angerneffen war, weift auf diefelben Vorbilder. Meiitentheils {ind zwar 
die Köpfe einförmig und kunftlos; doch im Gegenfatze zur völligen Ausdrucks- 
lofigkeit der Gefichter in karolingifchen Manufcripten ift zum Beifpiel der 
thronende Chriftus im Parifer Codex (B1. I) von einem Zuge edler Begeifte- 
rung durchdrungen; auch die Evangeliiten lind hier, wie in "den andern Büchern, 
feierlich und bedeutungsvoll, Johannes erfcheint fogar pathetifch, als ob er 
von einer plötzlichen Erleuchtung durchdrungen fei. Gleichzeitig tritt aber 
die Selbitändigkeit den Byzantinern gegenüber in dem Marcus mit mönchifch 
gefchorenem Haupte, priefterlichem Gewande und beinahe individuellen Zügen 
hervor (Fig. 69). "Auch die monilrös ausladenden Kinnladen der perfoniri- 
cirten Länder auf dem Münchener Dedicationsbilde (Fig. 67) haben rnit grie- 
chifchen Typen nichts gemein. ChriPrus erfcheint in den drei erwähnten 
Handfchriften und ebenfo in den meiften übrigen, die wir diefer Gruppe an- 
fchliefsen werden, regelmäfsig jugendlich und bartlos, wie ihn auch die Karo- 
lingerzeit vorzugsweife dargeftellt, während in der byzantinifchen Kunft bereits 
der bärtige Typus die Herrfchaft gewonnen hatte. 
Eräilriiiriae Einen grofsen Reichthum erzählender biblifcher Bilder enthalten die Evan- 
 geliarien in München und Gotha fowie das Evangeliftarium in Trier. Der 
Codex in Gotha läfst den Evangeliflendarftellungen ftets vier Seiten mit Bil- 
dern in drei Reihen vorangehen, die vor Matthäus die Kindheitsgefchichte 
Chrifti bis zum Antritt des Lehramtes, vor Marcus den Wandel und die Wun-
	        
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