Volltext: Die Malerei des Alterthums (Bd. 1)

Malerei. 
, 
Die ägyptifclue 
auf die Fläche zu bannen, was die Perfpective anbetrifft, fo findet {ich von 
folcher keine Spur. Wenn Figuren hinter einander dargeftellt werden follen, 
fo werden die Umriffe manchmal verdoppelt, und diefe Methode führt von 
felbft dahin, dafs nicht felten die entfernteren Figuren fogar gröfser gerathen, 
als die näheren; in anderen Fällen ragen die hinter einander ftehenden Ge- 
ftalten mit den Oberkörpern über einander hervor; manchmal aber werden 
die Figuren in ganzer Geftalt über einander gemalt, wobei die Füfse des 
Hintermannes noch durch einen Zwifchenraum vom Kopfe des Vordermannes 
getrennt find. Und von diefem Verfahren wird man doch nicht behaupten 
können, dafs es an die Naturbeobachtung anknüpfe, nach welcher entferntere 
Gegenfiände bis zur Horizonthöhe höher zu liegen fcheinen, als die näheren. 
Ja, in vielen Darftellungen fchliefst fchon die conventionell-unbeholfene Methode, 
die geifiige Ueberlegenheit durch überlegene körperliche Gröfse auszudrücken, 
von vornherein jede perfpectivifch richtige Anordnung aus. Es iit dies befonders 
auf den grofsen Schlachtenbildern aus der I9. Dynaftie der Fall, in denen der 
König felbft in der Mitte oder an der Spitze feines Heeres erfcheint, alle 
übrigen, Freunde wie Feinde, um mehrere Körperlängen überragend. Sehr 
intereffant zeigt dies z. B. die halberhobene farbige Arbeit auf der Seitenwand 
der erfien Kammer vonAbufimbeldpsambul) in Nubien (Fig.  Der riefengrofse 
Pharao {türmt hier auf feinem mit fchnaubenden Roffen befpannten Streitwagen, 
im Begriffe, feinen Bogen abzufchiefsen, gegen die feindliche Bergfeftung heran. 
Seine drei Söhne, ebenfalls mit gefpannten Bogen auf Streitwagen ftehend, 
folgen ihm unmittelbar; {ie lind aber alle drei zufammen nur ebenfogrofs ge- 
bildet, wie er; und hier find wenigftens die Roffe dergeftalt in ganzer Figur 
gerade übereinander angeordnet, dafs jedesmal zwifchen den Füfsen des 
oberen und dem Kopfe des unteren noch ein Zwifchenraum bleibt. Dafs (liefe 
mangelnde Perfpective, die fchon bei der Gruppirung weniger Figuren neben- 
einander fo {törend hervortritt, fich doppelt fiörend bemerkbar macht, wo 
gefchloffenere Hintergründe oder gar landfchaftliche Zufammenhänge dargeftellt 
werden follen, verfteht {ich von felbft. In Fällen der letzteren Art wird die 
Gegend wohl landkartenartig ausgebreitet, wie das befonders intereffant in 
den grofsen Schlachtenfcenen zu Abuümbel und am Rameffeion zu Theben 
hervortritt. Eine der erfteren führt uns ein landkartenartig gegebenes Flufs- 
bett vor, welches eine von Wall und Graben gefchutzte Infel oder Halbinfel 
umgiebt, während die Feftung auf der Infel durch fechs im Aufrifs gezeichnete, 
gezinnte Thürme dargeftellt ift, und das Feldlager mit dem königlichen Zelte 
ebenfalls halb grundrifs-, halb aufrifsartig erfcheint. Aehnlich {teilen der 
Strom und die befeftigte Infel mit dem bunten Schlachtgewühl am Ufer und 
in den durch Zickzaclclinien angedeuteten Wellen am Rameffeion zu Theben  
fich dar. Ein fehr eigenthümlicher Erfatz der perfpectivifchen Darftellungs- älrfältzcntlißge 
weife findet fich auch gelegentlich in den Gemälden der Gräber von Beni- m) 
Hassan aus der zwölften Dynaftie. Unter anderem bilden Jagden auf Sumpf- 
vögel und F ifcherfcenen hier Lieblingsdarftellungen. Der Jäger oder der 
Fifcher fteht aufrecht vor dem Waffer da, das zu feinen Füfsen blau mit fenk- 
rechten fchwarzen Zickzacklinien angedeutet ift. Um den auf dem Waffer 
fchwimmenden Vogel, den er fchiefsen foll, oder den Fifch, den er fangen 
foll, nun in feine Augenhöhe zu bringen, wird das Stück des Waffers, In dem
	        
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