ERSTER
ABSCHNITT.
Mi
iatu
rmal
rei.
Die
fächfifche
Hofkunfi.
Ottonenzeit. n Deutfchland beginnt ein geifliger Auffchwung in der Zeit des fächfi-
fchen Königshaufes. Die thatkräftigen Herrfcher hatten zunächft die Auf-
gabe, das zerrüttete Reich wieder auf feile Grundlagen zu ftellen, die
Sonderbeftrebungen niederzuhalten, den Einfällen der Ungarn zu wehren; dazu
trat an Otto I. die unabweisbare Forderung heran, in die Wirren Italiens einzu-
greifen und in Rom das Kaiferthum wiederaufzurichten. Aber fchon unter
ihm begann eine neue Pflege der Wiffenfchaft, die, wie in der Zeit Karls des
Grofsen, auf dem Studium des clafiifchen Alterthums ruhte. Gelehrte Italiener,
wie Gunzo von Novara und Liutprand von Cremona, wurden an den
Hof gezogen, ebenfo betrieben aber auch deutfche Geiitliche das Studium der
antiken Litteratur. Zugleich erwachte eine Itrengere kirchliche Gefinnung, die
der Genufsfucht und Aeufserlichkeit im geiillichen Stande ein Ziel fetzte.
Erzbifchof Brun von Köln, der Bruder Otto's I., ftand als Gelehrter, Staats-
mann und Priefler auf der Höhe der damaligen Bildung; die kaiferliche Kanzlei
wurde eine Pflanzftätte ausgezeichneter Bifchöfe, und in der Hoffchule wuchs
eine forgfaltig erzogene jüngere Generation heran. Während Otto I. als Kriegs-
mann aufgewachfen war, erhielten fein Sohn und fein Enkel, der zweite und
der dritte Otto, eine gelehrte Erziehung. Auch das Studium der griechifchen
Sprache wurde betrieben, fobald {ich Gelegenheit dazu bot, wie durch Brun von
Köln oder durch Herzogin Hedwig von Schwaben, denn auch Frauen nahmen
an dem Bildungsleben theil. Nicht immer wufste man damals die chrifiliche Ge-
iinnung und das Studium des Alterthums in Einklang zu bringen, man trat oft
nur unter Scrupeln an daffelbe heran, aber es trug dennoch feine Frucht. Die
gewandte Latinität der karolingifchen Zeit war verloren gegangen; die Literatur,
die jetzt neu aufkeimte, konnte {ich nach Jahrzehnten geiftiger Verfunkenheit
die gelehrte Bildung nur mühfam wieder aneignen und blieb in der Form oft
fchwerfällig und überladen; aber f1e hatte zugleich den Vorzug in der ge-
lehrten Sprache einen volkthümlichen Inhalt darzubieten und in ihren Anfchau-
ungen auf vaterländifchem Grunde zu fufsen, wofür der Gefchichtfchreiber
der Sachfen Widukind von Corvey das hervorragendite Beifpiel gewährt.